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4. Juli. Kreis Paderborn.

Vor 50. Jahren. Die Hochwasserkatastrophe 1965 im Kreis Paderborn und Altkreis Büren. Damals, am »schwarzen Freitag«, kamen sieben Menschen im Altenautal ums Leben.{gallery}news/2015/1507e1{/gallery}


Wer es erlebt hat wird es nicht vergessen. Tagelang stürtzten wahre Wasserwände vom Himmel und führten zur schlimmsten Hochwasserkatastrophe die den Paderborner und Bürener Raum im letzten Jahrhundert traf. Am Freitag dem 16. Juli 1965 der sogenannten „ Heinrichsflut“ kamen allein im Altenautal 7 Menschen um ihr Leben. Allein in Etteln verloren 4 Kinder in den Fluten ihr Leben.{gallery}news/2015/1507e2{/gallery}

Am 15,16 und 17. Juli führten wolkenbruchartige Regenfälle zu ungeheurem Anstieg der Wasserstände. Alle Flüße in der Region traten über ihre Ufer. Unzählige Straßen, ganze Ortschaften und Kellerräume standen unter Wasser. Brücken konnten der Wassermaßen nicht mehr Herr werden und stürtzten ein. Nicht alle konnten sich rechtzeitig vor den Fluten retten. Für die Feuerwehren im Kreis Paderborn und Altkreis Büren waren es Tage ohne Schlaf und ununterbrochenen Einsatzes.

Als ein ganzes Dorf unterging.

Etteln (WV). Damals, am »schwarzen Freitag«, kommen sieben Menschen im Altenautal ums Leben. Das Zentrum von Schwaney steht am 16. Juli 1965 unter Wasser. Menschen versuchen, sich und ihr Hab und Gut in Sicherheit zu bringen.

Es ist der 16. Juli 1965 um 12.40 Uhr am Mittag, als schwarze Wolken den Himmel über dem Paderborner Land verdunkeln. Es ist kein harmloses Sommergewitter, was sich da über den Köpfen der Menschen zusammenbraut, es ist der Beginn eines unfassbaren Naturschauspiels. Binnen zwei Stunden fällt so viel Regen wie sonst in einem Juli und einem halben August zusammen. Der Inhalt einer Badewanne fällt auf jeden einzelnen Quadratmeter, so dass kleine Bäche rasant anschwellen und zu reißenden Flüssen werden.

Die Wassermassen suchen sich ihren Weg, überfluten Teile Paderborns, stehen einen Meter hoch zum Beispiel am Gierstor. Bauern kämpfen verzweifelt in Wewer und Schloß Neuhaus, um ihr Vieh von den überfluteten Weiden zu retten. Doch noch ahnt wohl niemand das Drama, das sich wenig später in Etteln abspielen soll. »Wie eine Wanne«, so haben es später die Chronisten vielfach beschrieben, läuft das kleine Dorf mit Wasser voll. Und das geschieht so schnell, dass sich Menschen in Bäume und auf Dächer retten, um nicht von der brodelnden Altenau mitgerissen zu werden. Bis zu 17 Stunden müssen sie dort ausharren. Etwa 200 Menschen sind in den Fluten eingeschlossen.

Für Therese Thiele und ihre vier Enkelkinder Reinhard, Walburga, Roswitha und Meinolf kommt jede Hilfe zu spät. Sie ertrinken. Auch in Schloß Neuhaus kommen zwei Menschen ums Leben. Dass das als »Heinrichsflut« in die Geschichte eingegangene Hochwasser am Ende nicht mehr als sieben Opfer im Altenautal fordert, ist den tausenden Helfern von Polizei, Feuerwehr, Deutschem Roten Kreuz, Malteser-Hilfsdienst, Technischem Hilfswerk sowie deutschen, britischen, belgischen und niederländischen Soldaten zu verdanken. Auch viele Nachbarn werden an diesem Tag zu Helden, indem sie ihr eigenes Leben riskieren, um das eines anderen zu retten.{gallery}news/2015/1507e3{/gallery}
Es dauert Tage, bis die Pegel der Flüsse wieder sinken und die immensen Schäden offenbaren. Allein in Etteln standen 98 Häuser unter Wasser. 150 Menschen verlieren in dem kleinen Dorf ihr Heim, Hab und Gut. 24 Brücken im Paderborner Land sind zerstört oder stark beschädigt, Straßen unpassierbar, Häuser unbewohnbar. Mehr als 200 Millionen Mark - so erste Schätzungen - hat die Heinrichsflut an Schäden angerichtet. In Erinnerung an diese Naturkatastrophe wurde auf dem Ettelner Friedhof vor 50 Jahren eine Mutter-Gottes-Statue aufgestellt.

Bericht / Fotos:
Westfälisches Volksblatt

Lehren gezogen aus der »Heinrichsflut«
Die Hochwasserkatastrophe vor 50 Jahren hat die Landschaft nachhaltig verändert

K r e i s P a d e r b o r n (WV). Eine Hochwasserkatastrophe hat vor 50 Jahren nicht nur schreckliche Erinnerungen im Paderborner Land hinterlassen. Die »Heinrichsflut« hat auch ganze Landschaften nachhaltig geprägt und über die Jahrzehnte verändert. Eine Gedenkveranstaltung in Etteln wird mit einer Stele an die sechs Menschen erinnern, die am 16. und 17. Juli in dem Altenauort ums Leben kamen. Der Kreis Paderborn wird mit einer besonderen Ausstellung im Foyer der Kreisverwaltung an die damaligen Ereignisse erinnern, die nach tagelangen extremen Regenfällen zur Naturkatastrophe führten. In den vergangenen 50 Jahren wurden aber auch die Konsequenzen gezogen, um eine Wiederholungdieser Jahrhundertflut zu verhindern. Millionen Euro wurden nnicht nur in den Bau von zahlreichen Rückhaltebecken investiert.nBislang hat der WasserverbandnObere Lippe allein im Kreis Paderborn neun Rückhaltebecken gebaut. Mit zwei weiteren bei Lippstadt belaufen sich die Kosten dafür auf rund 44 Millionen Euro.

Gebaut wird zurzeit noch am Rückhaltebecken bei der Talle für mehr als vier Millionen Euro. Für den lokalen Hochwasserschutz hat der Verband darüber hinaus mehr als acht Millionen Euro investiert. Auch viele Städte und Gemeinden haben Lehren gezogen aus der Flutkatastrophe. So hat die kleinste Gemeinde im Kreis, Altenbeken, für Beke, Kuhlbornbach und Ellerbach allein knapp sieben Millionen Euro in die Hand genommen. Hinzu kommen vielerorts im Kreis Neuanlagen von Rückhaltebecken bei der Ausweisung von Neubaugebieten. Noch heute finden Renaturierungsmaßnahmen an unseren Gewässern statt, die einer Ausnahmeflut Stand halten sollen. Dazu gehört auch die Altenau, die in Etteln nicht nur schwerste Verwüstungen hinterließ, sondern auch sechs Todesopfer forderte, darunter vier Kinder.

Bereits unter der ersten Welle brach die Altenau mit der Wucht von 215 Kubikmetern Wasser pro Sekunde durch den Ort. Verschwunden sind aus dem Landschaftsbild viele der alten Bogenbrücken, die bei Überschwemmungen Treibgut aufhielten, die Wasserfluten blockierten und unter dem Druck einstürzten. Kreisarchivar Wilhelm Grabe, der am 16. Juli auch in die Kreis-Gedenkausstellung einführen wird, schätzt, dass 40 Brücken entweder so schwer beschädigt wurden, dass sie sofort oder in den Folgejahren abgerissen und durch moderne Bauwerke ersetzt werden mussten. {gallery}news/2015/1507e4{/gallery}Nur wenige dieser charakteristischen Bogenbrücken blieben erhalten oder wurden aufwändig saniert, wie in Nordborchen. Während seinerzeit die die Brücken in den Almewiesen den Wassermassen standhielten, brach die Almebrücke in Wewelsburg zusammen. Beschädigt wurde auch die Brücke in Schloß Neuhaus. Noch heute erinnern viele Pegelmarkierungen an die enormen Wasserstände von 1965. An der Pfarrkirche in Etteln wird die Markierung in eine Stele eingearbeitet, die neben der Kirche am 16. Juli im Rahmen einer Gedenkveranstaltung enthüllt werden soll. Die Gedenkfeier in Etteln beginnt um 18 Uhr mit einer Begrüßung durch Ortsvorsteher Ulrich Ahle. Anschließend folgen Ansprachen von Bürgermeister Reiner Allerdissen und Landrat Manfred Müller. Danach beginnt der Gottesdienst mit der Segnung der Stele

Westfälisches Volksblatt von Bernhard Liedmann