900 Haushalte ohne Heizung. Verschmutzte Filter in der Druckregelstation sorgen für kalte Stuben / Auch Aatalklinik betroffen.
Bad Wünnenberg. Tausende Menschen in Bad Wünnenberg, Leiberg und Bleiwäsche froren gestern in ihren Wohnungen. Einige müssen am Wochenende noch bibbern. Schuld war eine Druckregelstation des Gasversorgers Eon, die nicht funktionierte. Sämtliche Heizungsanlagen fielen aus – auch in der Aatalklinik.
Ab 9.30 Uhr meldeten Bürger den Ausfall beim Gasversorger, zeitgleich schlug dessen Überwachungsleitstelle wegen Druckabfalls Alarm. Michael Wippermann, Unternehmenssprecher von Eon, machte Staub als Ursache aus, der die Filter in der Regelstation verstopft hatte. Gegen Mittag waren diese Filter wieder gereinigt, allerdings sei Luft in die Leitungen hineingeraten. Deshalb mussten etwa 30 Techniker bei jedem der rund 900 betroffenen Haushalte die Anschlüsse abdrehen, die Leitungen entlüften und erst dann die Heizungsanlage einzeln wieder in Betrieb nehmen. Bis Freitagabend konnten noch nicht alle Haushalte ans Netz angeschlossen werden.
Die Feuerwehr richtete im Schulzentrum Fürstenberg eine „warme Stube“ ein, in der sich Betroffene bei einer heißen Suppe aufwärmen konnten, dazu einen Shuttle-Service von den Feuerwehrgerätehäusern in Wünnenberg, Leiberg und Bleiwäsche. „So einen Fall haben wir noch nicht erlebt“, sagte Wippermann.
Karl Kroll hatte eine mögliche Erklärung für den Ausfall. „Weil plötzlich so viel geheizt wurde, wurde auch viel Dreck durch die Leitungen gepustet.“ Der Videoproduzent aus Bad Wünnenberg hat kurzerhand über die Leitungssäuberung einen Film gedreht. „Mit hohem Luftdruck haben die Techniker den Dreck wieder aus den Rohren gepresst“, schilderte er. Bei ihm und seiner Ehefrau Karin fiel ebenfalls die Heizung aus. Die Krolls hatten aber noch Glück. Die Küche blieb bei ihnen nicht kalt, weil die Öfen mit Strom betrieben werden. Und auch warmes Wasser stand ihnen wegen der Solarmodule auf dem Dach zur Verfügung. Damit die Wohnung nicht komplett auskühlte, haben sich die Eheleute einen Heizlüfter ins Wohnzimmer gestellt.
Betroffen war auch die Aatalklinik. „Unsere Patienten frieren“, sagte Verwaltungsleiterin Frauke Haaks mittags. Damit nicht zu viel Wärme verloren ging, blieben Fenster und Türen ausnahmsweise geschlossen. Doch die Klinik wurde bevorzugt behandelt: Ab etwa 14 Uhr nachmittags lief dort die Heizung wieder. „Wir machen jetzt straßenweise weiter“, sagte Wippermann. Bis zum Abend wollte der Gasversorer so viele Haushalte wie möglich wieder anschließen, allerdings könne sich die Reparatur auch ins Wochenende ziehen.
Bericht: Neue Westfälische VON SIGURD GRINGEL
Fotos: Kuscheln sich zusammen: Auch die Heizung von Karin und Karl Kroll ist ausgefallen. Die beiden Bad Wünnenberger sahen das allerdings gelassen, stellten einen Heizlüfter auf und wärmten sich auf dem Sofa gegenseitig. Und Warmwasser hatte das Ehepaar dank Solarmodulen auf dem Dach sogar weiterhin.
FOTOS: MARC KÖPPELMANN
Reinigt den Filter: Eon-Techniker Uwe Schiller war mit rund 30 Kollegen im Einsatz.
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Westfälisches Volksblatt
900 Haushalte ohne Heizung. In Bad Wünnenberg, Leiberg und Bleiwäsche ist stundenlang die Gaslieferung unterbrochen
Von Sebastian Schwake
Bad Wünnenberg (WV). Bei eisiger Kälte saßen hunderte Einwohner aus Bad Wünnenberg, Leiberg und Bleiwäsche am Freitag stundenlang im kalten Wohnzimmer. Die Gaslieferung war von 9.30 Uhr an wegen verdreckter Filter unterbrochen. In vielen der 900 Haushalte funktionierten die Heizung und die Warmwasserbereitung auch am Abend noch nicht. Betroffen war auch die Aatal-Klinik in Bad Wünnenberg.
Einige Stunden im kalten Zimmer saßen die Patienten des Krankenhauses, in dem unter anderem Schlaganfallpatienten behandelt werden. Die Klinik stand auf der Eon-Prioritätenliste ganz oben - und hatte als erstes Haus wieder eine funktionierende Heizung. Um 14.30 Uhr, nach fünf Stunden, meldete die Klinik-Leitung, dass alles wieder lief. »Wir haben keine besonderen Maßnahmen ergriffen, außer Heizlüfter in die größeren Räume gestellt«, sagte Verwaltungsleiterin Frauke Haaks. Schon unmittelbar nach Bekanntwerden am Morgen habe das Klinikpersonal alle Patienten über den Ausfall der Heizung und des Warmwassers informiert und gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Eine Gefahr für die Patienten habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Andere Betroffene hatten weniger Glück. Sie hüllten sich stundenlang in warme Decken und tranken heiße Getränke. Einige gingen ins Schulzentrum Fürstenberg. Dort hatte die Feuerwehr eine warme Stube eingerichtet und versorgte die Bürger mit einer warmen Mahlzeit.
Außerdem fuhren zehn Feuerwehrleute aus Bad Wünnenberg, Leiberg und Bleiwäsche mit Einsatzfahrzeugen durch die Stadt und die beiden Ortsteile und forderten die Bürger über Lautsprecheransagen auf, daheim zu bleiben, damit die Eon-Techniker auch jemanden im Haus antreffen, um die Heizungsanlagen ab- oder wieder anschließen zu können.
Rund 30 Eon-Techniker aus Bad Wünnenberg, Delbrück, Paderborn und Höxter wurden schon am Morgen in die Einsatzleitstelle nach Fürstenberg beordert. Dort bekamen sie von der Einsatzleitung Kundendaten, weil sie in jedem einzelnen der 900 betroffenen Haushalte den Gasanschluss absperren mussten, bevor nach dem Reinigen oder Auswechseln der Filter in den Schaltkästen die Gaslieferung wieder aufgenommen werden konnte. Danach mussten die Techniker erneut in jeden Haushalt, um die Heizungsanlagen in Betrieb zu nehmen.
In der Einsatzzentrale glühten am Mittag die Telefon-Drähte.
Hausbesitzer und Mieter mussten schnell ausfindig gemacht und informiert werden. Vorsorglich hatte sich der Energieversorger die Unterstützung von Polizei und Ordnungsamt geholt. »Wir müssen in jedes Haus«, verdeutlichte Marcus Hustadt, Eon-Bereichsleiter Paderborn Service Regional Süd, die Schwierigkeit des Einsatzes. »Notfalls müssen wir uns mit Hilfe der Polizei und des Ordnungsamtes Zutritt verschaffen.« Bis zum Nachmittag wurden die meisten Kunden aber telefonisch erreicht.
Die bittere Kälte der vergangenen Tage hat den Erdgasverbrauch im Paderborner Land ex-trem in die Höhe getrieben. Das hat nach Angaben des Energieversorgers letztlich dazu geführt, dass sich durch die extrem hohe Last im Netz Rohrstäube in den Filtern festgesetzt und diese verschlossen haben. Hierdurch ist es zu einem Gasdruckabfall gekommen, und die Heizungen blieben ebenso wie das Wasser aus den Wasserhähnen kalt.
Dass die Filter verstopfen sei »sehr, sehr selten«, sagte Hubert Stork, Eon-Bereichsleiter für das Netzgebiet Süd. Die Filter müssten alle halbe Stunde gewechselt werden, weil »irgendjemand Dreck hineinbläst«, erklärte Eon-Vorstandsvorsitzender Henning Probst gestern Abend das Dilemma beim Eon-Energieforum im HNF vor 300 Gästen. Die Ursache dafür könne er auch nicht nennen.
Am frühen Abend hatten die Techniker noch nicht alle der 900 Gasanschlüsse abgesperrt, sagte Unternehmenssprecher Michael Wippermann auf Anfrage des WESTFÄLISCHEN VOLKSBLATTES. Erst als alle Anschlüsse abgesperrt waren, sollten Teilbereiche des Netzes am späteren Abend wieder in Betrieb genommen werden. Bis in die Nacht sollten nach Eon-Angaben die meisten Heizungen wieder funktionieren. Die Restarbeiten sollen heute, Samstag, fortgesetzt und beendet werden.
In der Einsatzzentrale laufen die Fäden zusammen (von links): Thomas
Fieseler, Kai Schöning und Gerd Möller besprechen das Vorgehen.