28. September. Delbrück.

ABC Großübung V-Dekon 50 NRW am 28.September in Delbrück. Über 170 Einsatzkräfte übten Dekontamination und rettungsdienstliche Aufgaben bei einem Großschadensereigniss.{gallery}news/2013/130928d4{/gallery}


Delbrück: Über 170 Einsatzkräfte übten auf dem Außengelände eines Gewerbebetriebes an der Industriestraße in Delbrück intensiv was im Falle eines mit radioaktiven, biologischen oder chemischen Gefahrenstoffen zu tun wäre.
Im Zentrum des Interesses der Übungsleitung standen die rettungsdienstliche Erstversorgung und sogenannte Dekontamination von betroffenen Personen. Mit dem Fachbegriff wird die möglichst schnelle Beseitigung der belastenden Substanzen vom Körper der Menschen, die sich ungeschützt im näheren Umfeld der Stoff-Freisetzung aufgehalten haben bezeichnet.

Angenommene Lage / Übungsszenario

Beim Umfüllen von giftigen und feuergefährlichen Substanzen hatte sich auf dem Werksgelände eine Explosion ereignet. Es brannte in einem hinteren Teilbereich des Gebäudes, der Brand war unter Kontrolle. Durch die Wucht der Explosion war eine Wand im Gebäude eingestürzt, Regale und Maschinenteile wurden durch die Luft geschleudert und Teile der abgehängten Decke sowie der Ver- und Entsorgungsleitungen waren herabgestürzt. Die ausgelaufene Flüssigkeit hatte zu einer spontanen Freisetzung einer ätzenden Gaswolke geführt.
Der Unfall ereignete sich wahrend des Schichtwechsels, sodass eine größere Anzahl an Mitarbeitern unmittelbar betroffen war. Nach Aussage des Sicherheitsingenieurs der Firma war mit ca. 50 Verletzten zu rechnen. Die Verletztenmuster verteilten sich auf Frakturen, Verbrennungen und Verätzungen.
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Um die Einsatzbereitschaft des Dekonplatzes binnen einer Stunde herzustellen, mussten sich die gut 80 Mitglieder des ABC-Zuges schon ziemlich beeilen. „Es ist das erste Mal, dass wir beide verfügbaren Anlagen für gehfähige und liegende Verletzte gleichzeitig aufbauen und betreiben“, benannte Matthias Strunz eine der speziellen Herausforderungen der Übung. Mit seinen Stellvertretern Jörg Brunnert und Josef Klocke steht der Brandinspektor aus Ostenland an der Führungsspitze der Einheit, die bei der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Delbrück beheimatet ist.
Vor allem erhofften sich die Verantwortungsträger neue Erkenntnisse darüber, wie viel Zeit sie zukünftig für die Dekontamination von großen, gemischten Personengruppen veranschlagen müssen, wie sich die Qualität der aufwändigen Reinigungsmaßnahmen gewährleisten lässt und wie groß der tatsächliche Personalbedarf bei langfristigem Arbeiten in Schutzkleidung ist. Denn natürlich darf keine Einsatzkraft, die in Kontakt mit den vermeintlich Kontaminierten kommt, die eigene Gesundheit gefährden.
Das galt auch für das rettungsdienstliche Personal, das eine erste Sichtung der Betroffenen vornahm, sich um die Basisversorgung kümmerte, die Schwere der Verletzungen beurteilte und auf dieser Grundlage festlegte, in welcher Reihenfolge die Patienten dekontaminiert werden sollten.
Neben dem Dekontaminationsplatz, der das Modul Dekon-P für gehfähige und den Abrollcontainer AB V-Dekon 50 NRW für liegende Verletzte umfasste, gehörte auch die Sichtungsstelle eines nachgeschalteten Behandlungsplatzes zum aktuellen Übungsszenario. Dass die Übergabe der Patienten inklusive bereits erhobener Daten hier möglichst reibungslos gelang war den Mitwirkenden selbstverständlich ebenfalls ein großes Anliegen.
Geleistet wurden die rettungsdienstlichen Aufgaben von Notärzten aus dem Kreis Paderborn mit einer Zusatzausbildung im ABC-Schutz, der Sondereinsatzgruppe (SEG) Rettung unter Leitung von Brandinspektor Ralf Wunderlich sowie Einsatzgruppen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) aus Delbrück und Bad Lippspringe unter Gesamtverantwortung von Roman Kriesten. Unterstützung durch das THW Ortsverband Paderborn. Für die realistische Darstellung der vielfältigen Verletzungsmuster mithilfe von Schminke sorgen Fachleute der Firma xtra-fx.
Um schließlich den zusätzlichen Bedarf an technischem und medizinischem Ausrüstungs- und Verbrauchsmaterial für Großschadenslagen im Rettungsdienst zu decken, nahm außerdem die Löschgruppe Büren-Ahden mit dem Abrollcontainer AB Rettung an der Übung teil.

Ziele der Übung waren
.Einrichten und Testen der Abläufe von zwei Dekonanlagen für Liegend- und Gehfähigverletzte . . gemäß Konzept V-Dekon 50 NRW
.Überprüfung der technischen Strukturen beim Aufbau des Dekonplatzes
.Überprüfung qualitativer Dekontam. bei Patienten mit diversen Traumata
.Überprüfung des Zeitbedarfs zur Dekontamination von Personengruppen
.Personalressourcen bei langfristigem Arbeiten unter Schutzanzügen
.Priorisierung durch medizinisches Personal in Schutzanzügen und Abgleich mit den .vorgegebenen Verletzungsmustern und Vitalparametern
.Planung und Informationsweitergabe von Patientendaten zwischen Dekonplatz und BHP 50
.Eingangssichtung, Patientenübergabe zwischen Dekonplatz und BHP 50

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Bei der Großübung am Samstag kamen erstmals der AB V-Dekon und das bundeseigene Dekontaminationsfahrzeug für Personen – kurz: LKW Dekon-P – gemeinsam zum Einsatz. Auch die Zusammenarbeit mit ärztlichem und rettungsdienstlichem Personal im ABC-Schutz wurde im Kreis Paderborn bislang noch nie in diesem Umfang getestet.

Bericht / Fotos: FW Barbara Brunnert, mb

Bericht: Neue Westfälische

Chemie-Alarm im Industriegebiet
Großübung des ABC-Zuges: 170 Retter proben die Reinigung von 50 verseuchten Opfern
VON CHRISTIAN SCHWEPPE

Delbrück. Offen ragt die Knochenspitze aus seinem Schienbein. Das Blut: mittlerweile geronnen. Für den älteren Herrn im Blaumann aber kein Anlass zur Sorge, genüsslich bedient er sich an der Kuchentheke – schließlich ist alles
ja nur eine Übung, die Wunde nur aufgeklebt.

Erst vor kurzem rückten die Helfer des ABC-Zuges mit der Gewissheit aus, dass es sich bei ihrem Einsatz um einen tatsächlichen Ernstfall handelt: Am 5. August mussten sie ätzende Putzmittel von einem umgestürzten LKW auf der Ostenländer- Straße sichern. {gallery}news/2013/130930nw{/gallery}Am Wochenende aber probten sie einen solchen Ernstfall lediglich. Im Delbrücker Industriegebiet stand für insgesamt 170 Einsatzkräfte die Dekontamination von rund 50 Verletzten auf dem Programm.
„In diesem Umfang ist ein solcher Einsatz des ABC-Zuges im Kreis Paderborn noch nie durchgeführt worden“, sagte Ralf Schadwinkel von der Delbrücker Feuerwehr vor
Übungsbeginn.
Das Szenario: Während des Schichtwechsels in einer Lackiererei sind giftige und hoch entzündliche Stoffe ineinander gelaufen und explodiert; die Lagerhalle ein einziger Trümmerhaufen, Maschinenteile durchschneiden die drückende Luft. „Die Übung ist anders als alles bisher Geprobte: Nicht die Brandbekämpfung steht im Vordergrund, sondern die Reinigung der Opfer, die den gefährlichen Substanzen direkt und ungeschützt ausgesetzt waren“, erklärt Schadwinkel. Nach dem Alarm wurde rasch die Einsatz-Zentrale aufgebaut, der so genannte „Schwarz- Weiß-Bereich“.

Im Schwarzen Bereich: Eine erste Sammelstelleder kontaminierten Opfer. Hier geht alles nur im schweren Schutzanzug – höchste Seuchengefahr. Zunächst werden
die Patienten dort erstversorgt. Schwer Verletzte Patienten haben
dabei Vorrang und werdenals erstes zum Dekontaminationsplatz gebracht. Solch ein Dekontaminationsplatz besteht aus einem länglichen Zelt, innen mehrere Duschen. Neu bei der Großübung war der parallele Einsatz zwei solcher Waschplätze: eine für liegende Personen, die andere für Verletzte, die noch gehen können. Einige der Opferdarsteller sind mit Mehl und Staub eingeschmiert, so dass wir die Qualität der Dekontamination überprüfen können“, so Ralf Schadwinkel. Eine Herausforderung sei auch die Übergabe der Patienten an den Rettungsdienst. Erst dort werden die
Verletzungen der Opfer gründlich untersucht. Im Dekontaminationsbereich werden nur lebenserhaltende Maßnahmen und eine Basisbehandlung durchgeführt. Schließlich landeten die Opfer im Weißen Bereich und konnten sich aufwärmen – Kuchentheke und Kaffee standen dazu schon bereit.
Dekontaminiert: Nach der Reinigung durch Spezialkräfte wurden die Verletzten dem Rettungsdienst übergeben.

Im gelben Schutzanzug
Stationiert bei der Feuerwehr Delbrück, setzt sich der ABC-Zug des Kreises Paderborn aus 80 Rettern zusammen. Die Abkürzung ABC bringt auf den Punkt,
wann die Retter zur Hilfe eilen: Bei Unfällen und Gefahrsituationen durch atomare, biologische und chemische Substanzen. Die Mitglieder des hiesigen ABCZuges stammen aus sechs Löschzügen der Umgebung. Um stets auf dem aktuellen Stand zu sein, nahmen sie in der Vergangenheit an mehrerenLehrgängen teil, etwa am Institut der Feuerwehr Münster und an der Akademie für Krisenmanagment, Notfallplanung und Zivilschutz in Bad Neuenahr/ Ahrweiler. (cs)

Bericht / Fotos:Westfälisches Volksblatt

170 Retter proben für den Ernstfall am Wellpappenwerk Smurfit Kappa Wellit
Delbrück (al). Ein Knall ist über den Fabrikationshallen der Wellpappenwerks Smurfit Kappa Wellit im Delbrücker Industriegebiet Ost zu hören. Über dem Gelände ist eine riesige, giftige Wolke zu sehen. Zum Glück aber ist alles nur eine Übung, 170 Retter trainieren für den Ernstfall.

Das Szenario: Teile der Halle sind eingestürzt, und Flammen lodern an verschiedenen Stellen. Die Lage ist unübersichtlich, doch schnell stellt sich heraus, dass es beim Umfüllen von giftigen und feuergefährlichen Substanzen zu einer gewaltigen Explosion gekommen ist. Viele Menschen haben sich dabei Verletzungen zugezogen.   .   .

Bei Schadenslagen mit atomaren, biologischen oder chemischen Gefahrstoffen (ABC) wird ein spezieller Behandlungsplatz aufgebaut, mit dem im Idealfall bis zu 50 Personen innerhalb einer Stunde entseucht und medizinisch erstversorgt werden können. Erstmals wurden im Kreis Paderborn die verschiedensten Komponenten bei einer Übung erprobt.
»Wir hoffen, dass diese Komponenten nie wirklich im Ernstfalle zum Einsatz kommen, trotzdem müssen wir für den Ernstfall gewappnet sein«, sagt Lothar Mühlbrandt, Einsatzleiter bei der groß angelegten Übung, an der mehr als 170 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Deutschem Roten Kreuz und Technischem Hilfswerk beteiligt waren.

»Wir konzentrieren uns heute ausschließlich auf die Entgiftung der vermeintlichen Opfer sowie die Erstversorgung, um speziell die Abläufe zu testen«, erläuterte Mühlbrandt das Übungsszenario, bei dem erstmals der Abrollkontainer V-Dekon sowie das bundeseigene Dekontaminationsfahrzeug für Personen zum Einsatz kamen.
Die Organisatoren um den ABC-Zugführer Matthias Strunz und seine Stellvertreter Jörg Brunnert und Josef Klocke legten großes Augenmerk auf die Abläufe beim Betrieb von zwei Entgiftungsschleusen, die einmal für gehfähige und einmal für liegende Verletzte eingerichtet wurden. Genau geprüft wurde auch der Zeitbedarf für die Dekontamination. »Außerdem achten wir auf die Qualität der Arbeit, da diese im Ernstfall Leben rettet«, so Übungsleiter Alfons Heisener. Darüber hinaus wurde geprüft, wie lange die Einsatzkräfte in der jeweiligen Schutzkleidung im Einsatz bleiben konnten.

Bei Eintreffen der »Verletzten« mussten diese zunächst nach Schwere der vorher festgelegten Verletzung unterteilt werden. Zunächst wurden die »Opfer« entkleidet und Wertsachen gesammelt. Eine erste Wundbehandlung simulierter Brandverletzungen, Knochenbrüche oder Verätzungen wurde durchgeführt. Dann wurden die Personen gründlich abgeduscht. Das Wasser hierzu speisten Löschfahrzeuge ein; anschließend wurde das kontaminierte Wasser getrennt aufgefangen. Danach wurden die verletzten Personen medizinisch versorgt.

Mit den Abläufen der Übung waren Alfons Heisener und Lothar Mühlbrandt sehr zufrieden, jedoch stellte sich schnell heraus, dass im Ernstfall mehr Hilfskräfte benötigt würden, um die Erstmaßnahmen zügig anlaufen zu lassen. »Außerdem brauchen wir auf jeden Fall schnell Ersatz, um erschöpfte Kameraden auszulösen. Eine zeitliche Beschränkung wie bei Atemschutzträgern könnte hier sinnvoll sein«, hat Lothar Mühlbrandt zahlreiche Erkenntnisse gewonnen, die in den nächsten Tagen noch genauer analysiert und ausgewertet werden.

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