23. Mai. Salzkotten.

An Bahngleisen schwer verletzt. Taxifahrer rettet Leben.

 

Salzkotten- Scharmede: Der Luftstrom eines vorbei fahrenden Zuges hat am späten Mittwochabend eine Fußgängerin an der Bahnstrecke erfasst. Die 34-Jährige musste mit schwere Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.

Die in Salzkotten lebende Chinesin war am Abend mit dem Zug aus Richtung Ruhrgebiet nach Hause unterwegs. Da sie den Ausstieg in Salzkotten verpasst hatte, stieg sie in Scharmede aus und entschloss sich, zu Fuß an den Bahngleisen entlang in Richtung Salzkotten zurück zu gehen. Als ein in Richtung Salzkotten fahrender Zug etwa 500 Meter vom Bahnhof Scharmede entfernt an ihr vorbeifuhr, wurde die Frau vom Luftstrom erfasst und zu Boden geschleudert. Sie zog sich schwere Verletzungen zu, schaffte es aber selbständig zum Bahnhof zurück zu gehen. Per Notruf versuchte die Frau, auf chinesisch Hilfe anzufordern. Da eine Verständigung nicht möglich war, hätte sich die Hilfeleistung vermutlich verzögert. Glücklicherweise entdeckte ein Taxifahrer die verletzte Frau und alarmierte den Rettungsdienst. Nach notärztlicher Versorgung wurde die nicht lebensgefährlich verletzte Frau mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus nach Salzkotten gebracht.

Im Krankenhaus konnte eine deutsch sprechende Freundin der Verletzten die Angaben der Chinesin übersetzen und den Sachverhalt so aufklären.

Bericht: Polizei

Westfälisches Volksblatt

Taxifahrer rettet Leben
34-jährige Frau geht an Gleisen entlang und wird vom Luftzug zu Boden geschleudert
Scharmede (WV). Sie hatte gehofft, an den Bahngleisen entlang nach Hause laufen zu können. Dabei ist eine 34-jährige Chinesin am Mittwochabend jedoch in den gefährlichen Sog eines vorbeirasenden Zuges geraten.     Von Besim Mazhiqi

Die Frau wurde etwa 500 Meter von der Haltestelle in Scharmede mit voller Wucht zu Boden geschleudert und verletzte sich schwer, nachdem sie ihre Haltestelle in Salzkotten verpasste und sich entschloss, zu Fuß an den Gleisen entlang zu gehen, teilte die Polizei mit. Dass sie es überhaupt ins Krankenhaus geschafft hat, verdankt sie dem aufmerksamen Taxifahrer Matthias Paul aus Salzkotten. »Der Luftzug muss wie ein Orkan gewirkt haben«, sagt der 55-Jährige, als er das zuvor Geschehene am Donnerstagnachmittag Revue passieren lässt. Paul wirkt entspannt, nur die leicht zitternden Hände lassen erahnen, wie brenzlig die Situation in der Nacht zu Donnerstag gewesen sein muss.

»Hinterher hat mir jemand aus dem Krankenwagen erzählt, dass die Frau aufgrund des immensen Blutverlustes keine zehn Minuten mehr ohne Hilfe überlebt hätte«, berichtet Paul. Aus Richtung Elsen kommend, fand er die verletzte Frau am Kreisel neben der Haltestelle Scharmede. »Ich sollte dort einen Fahrgast aufnehmen, war aber zu früh dran. Eigentlich wollte ich zuerst in die Zentrale fahren, aber das lohnte sich nicht mehr wirklich«, berichtet Paul. Dann entdeckte er die Frau. »Sie hielt sich mit letzter Kraft an der Laterne fest.« Dem Taxifahrer fiel zuerst die faustgroße Platzwunde am Kopf der Frau auf. Sein erster Gedanke: »Sie ist überfallen worden.« Doch auch aus dem rechten Oberschenkel klaffte eine tiefe Wunde. »Als ich das Weiß des Knochens gesehen habe, war mir sofort klar, dass die Frau von einem Zug erfasst worden sein musste.«

Notdürftig hatte die Chinesin, die kein Deutsch spricht, ihre Verletzung am Bein selbst mit einem Kleidungsstück abgebunden, um die Blutung zu stoppen. »Trotzdem lief Blut ohne Ende aus der Wunde heraus«, erzählt Paul, der die Verletzte zu einer Bank schleppte. Dort drückte die Salzkottenerin dem Taxifahrer ihr Handy in die Hand. Er solle Hilfe rufen, gestikulierte sie. Mit den chinesischen Schriftzeichen auf dem Handy wusste Paul jedoch nichts anzufangen. Sofort benachrichtigte er die Zentrale, die wiederum den Krankenwagen rief und die Frau, die laut Pauls Informationen »über den Berg« ist, versorgte.

»So etwas ist mir während meiner fast 20-jährigen Dienstzeit als Taxifahrer noch nicht passiert«, sagt Paul. Trotzdem blieb er ruhig. Aufregung bereitet ihm eine ganz andere Sache. »Kurz vor mir sind bereits zwei Autos an der Frau vorbeigefahren.« So wenig Zivilcourage mache den 55-Jährigen wütend. Als Held oder Lebensretter, wie ihn die Kollegen nennen, sehe er sich nicht. Die gerettete Frau sieht das aber bestimmt anders.