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31. Oktober. Büren Ahden.

Retter in 120 Sekunden vor Ort.Flughafen übt mit mehr als 300 Einsatzkräften Menschenrettung nach Flugzeug-Crash.{gallery}news/2015/151102pb1{/gallery}

Am Flughafen Paderborn / Lippstadt in Büren-Ahden haben am Samstagvormittag rund 250 Einsatzkräfte aus dem gesamten Kreisgebiet Paderborn an einer Sicherheitsübung teilgenommen. Bei der so genannten "ICAO-Übung", die die internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) alle zwei Jahre zum Erhalt der Betriebsgenehmigung des Flughafens vorschreibt, wurde die Zusammenarbeit von Flughafenfeuerwehr, Freiwilliger Feuerwehr, Rettungsdienst und Hilfsorganisationen auf die Probe gestellt. 
 
Nach dem Szenario - einem angenommenen Flugzeugzusammenstoß im Bereich der Start- und Landebahn - waren eine dreisitzige Cessna und ein mit zwanzig Personen besetztes Regionalverkehrsflugzeug vom Typ ATR42 im Luftraum kollidiert und aus geringer Höhe abgestürzt. Durch den Zusammenstoß waren die beiden Maschinen z.T. in Brand geraten, der innerhalb kürzester Zeit auch auf eine nahe liegende Scheune übergriff.
 
Unter dem Einsatzstichwort "Massenanfall von Verletzten 2" wurden um 10:02 Uhr zahlreiche Einheiten aus dem Kreis Paderborn alarmiert. Neben der Feuerwehr Büren und dem regulären Rettungsdienst aus der Region waren auch die Hilfsorganisationen und First Responder-Einheiten des Kreises im Einsatz. Realitätsgetreu erfolgte die Anfahrt von den verschiedenen Rettungswachen im Kreis Paderborn. Um auch während der Übung den regulären Rettungsdienst nicht zu belasten, waren die Wachen entsprechend im Vorfeld mit Reserve-Rettungsmitteln besetzt worden.
 
Die ersteintreffenden Kräfte der Flughafenfeuerwehr begannen unmittelbar mit zwei Flugfeldlöschfahrzeugen mit der Brandbekämpfung der Flugzeuge. Primäre Aufgabe dieser Einheit war es, eine überlebensfähige Atmosphäre im Flugzeug herzustellen. Unter Atemschutz wurden dann, unterstützt durch die ersten Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr Büren die Passagiere aus der ATR 42 gerettet. Das Team "Realistische Unfalldarstellung" (RUD) der DLRG hatte für die realitsnahe Darstellung der verschiedenen Verletzungsmuster gesorgt.
 
Einsatzleiter Andreas Müller bildete vor Ort zwei Einsatzabschnitte zur Brandbekämpfung der beiden Flugzeuge, sowie einen Einsatzabschnitt Rettungsdienst. Unterstützt wurde dieser durch die Koordinierungsgruppe des Kreises, Fachberater von THW und Deutschem Roten Kreuz sowie einem Verbindungsbeamtem der Polizei, die im Großschadensraum in der Kreisleitstelle zusammenkamen. Von dort wurden unter anderem die Einrichtung einer Personen-Auskunftsstelle durch das Deutsche Rote Kreuz und einer Betreuungsstelle für Angehörige im Flughafen initiiert. Zusätzlich wären von dort aus im Realfall zur Betreuung der Einsatzkräfte weitere Notfallseelsorger und die Kreiseinsatzleitung koordiniert worden. Vorsorglich wurde die Verfügbarkeit von Rettungstransporthubschraubern im Umkreis abgefragt.
 
Im Einsatzabschnitt Rettung wurde mit Mitteln des Gerätewagens Sanitätsdienst (GW-San) und des an der Kreisfeuerwehrzentrale stationierten Abrollbehälters "Rettung" (AB-Rett) eine geordnete Verletztenablage eingerichtet und erste Versorgungsmaßnahmen von den zahlreichen Rettungskräften eingeleitet. Dort nahmen ein leitender Notarzt und der organisatorische Leiter Rettungsdienst eine Registrierung, Sichtung und Beurteilung des Verletzungsgrades der Verletzten vor. Zeitgleich fand die Brandbekämpfung der in Brand geratenen Scheune mit Hilfe einer Drehleiter statt. Den zwei Insassen der Cessna war gemäß Übungsszenario nicht mehr zu helfen.
 
Auch das Paderborner St. Vincenz Krankenhaus nutzte diese Gelegenheit um ihre internen Alarmstrukturen zu überprüfen. Alle der insgesamt zwanzig Patienten, davon neun Patienten mit akuter vitaler Bedrohung wurden unter realistischen Bedingungen in das Krankenhaus eingeliefert. Dazu war auch ein Patiententransportzug (PTZ 10) aus dem Kreis Soest im Einsatz.Paderborn(WV). 
 
Steffen Lober, Feuerwehren im Kreis Paderborn

 



Den mehr als 150 echten Fluggästen einer Air-Berlin-Boeing aus Mallorca bot sich am Samstagvormittag beim Landeanflug ein gespenstisches Bild: Auf dem Rollfeld wimmelte es von Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen, Wasserwerfern und Einsatzkräften. Rauch stieg aus »Trümmern« der »abgestürzten« Flugzeuge und Wrackteile auf. Dank Informationen aus dem Paderborner Tower hatte der Kapitän der Air-Berlin-Maschine jedoch die heimkehrenden Urlauber auf die spektakuläre Katastrophenübung am Boden eingestimmt – und beruhigt.

Flughafen-Feuerwehrchef Gerd Henke (54) hatte sich für die Übung eine grausige Lage ausgedacht, die nicht nur Flughafen-Geschäftsführer Dr. Marc Cezanne (48) wohl nie in der Wirklichkeit erleben möchte. Die Übungslage ging von einem defekten Funkgerät in einer Cessna-Maschine aus, das zu Verständigungsproblemen unter Piloten mit dem Paderborner Tower führte. Es kam zu einem fiktiven Zusammenstoß der Cessna mit einer Turboprop-Maschine ATR 42: Die Flieger stürzten laut Übungslage am Paderborner Flughafen ab und fingen Feuer. Beide Passagiere der Cessna sowie ein Crew-Mitglied in der mit 22 Menschen besetzten ATR 42 erlitten den Übungstod.

Großalarm am Flughafen und kreisweit bei Feuerwehren und Rettungsdiensten: Binnen 120 Sekunden nach Alarm brachte die Flughafen-Feuerwehr ihre 700?000 Euro teuren Flugfeldlöschfahrzeuge mit jeweils 10?000 Liter Wasser an Bord in Position, um das Feuer an der in zwei Teilen zerbrochenen ATR zu bekämpfen. »Es geht jetzt darum, Wrackteile zu löschen, kalt zu halten und für Passagiere eine überlebensfähige Atmosphäre zu schaffen«, erklärte Dirk Nölting (60), Leiter der Kreisfeuerwehrzentrale.
Mit dem Eiltempo der Flughafenfeuerwehr, die im Alltag auch für die Passagier- und Flugzeugabfertigung zuständig ist, war Dirk Nölting hochzufrieden: »Das ist in Ordnung«. Es dauerte jedoch recht lange, bis die »verletzten« Passagiere das Flugzeug (dargestellt von einem Container) verlassen konnten. Im Ernstfall sollen Rutschen den bedrohten Passagieren den Fluchtweg erleichtern. Das soll mit Crew-Unterstützung in wenigen Minuten geschehen.

Die Passagiere der Cessna, die übungsgerecht weiter weg in einem Waldstück abgestürzt war, wurden erst von den Zug um Zug heranrückenden Feuerwehren und Rettungsdiensten aus dem Paderborner Land betreut. Für sie kam ohnehin laut Übungslage jede Hilfe zu spät.{gallery}news/2015/151102pb2{/gallery}
Beobachtern fiel auch auf, dass einige »Verletzte« schreiend und hilflos umherirrten, bevor sie Rettungskräften auffielen. In der Stress- und Ausnahmesituation kümmerten sich Retter vorwiegend zunächst um jene Menschen, die auf einem Sammelplatz zusammengeführt worden waren. Die Verletzten wurden von 21 Mitgliedern aus acht DLRG-Gruppen gemimt: Bürener DLRG-Mitglieder gelten als Spezialisten und sind als Unfalldarsteller besonders geschult, weiß DLRG-Betreuer Michael Petersen (48) aus Bad Lippspringe.

In die mehrstündige Flughafen-Übung war erstmals auch das St. Vincenz-Krankenhaus Paderborn mit dem Leitenden Oberarzt Dr. Matthias Rüther eingebunden. Die Klinik wollte proben, wie sie einen Massenanfall an Verletzten bewältige. 18 Krankenwagen brachten »Verletzte» zum Vincenz. Im Ernstfall werden Verletzte allerdings auf mehrere Krankenhäuser verteilt.

Nach der Großübung unter Augen von Kreisbrandmeister Elmar Keuter sollen die Ergebnisse der Beobachter in den nächsten Tagen ausgewertet werden. Der Flughafen muss nach Standards der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) regelmäßig solche Übungen durchführen, um im Ernstfall gewappnet zu sein. Die Übung am Samstag war nach der letzten in 2011 überfällig. Allerdings führt die Paderborner Flughafen-Feuerwehr (60 Mitarbeiter) kleinere unangemeldete Übungen (Crash-Alarm) monatlich etwa fünf Mal durch, sagt Dirk Nölting.


Westfälisches Volksblatt Von Karl Pickhardt
Fotos:
Marc Köppelmann{gallery}news/2015/151102pb3{/gallery}