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29. März. Paderborn.

Eine der größten Fliegerbomben, in Paderborn in der Nähe der Universität  gefunden. Es handelt sich dabei ersten Erkenntnissen zufolge um die größte gefundene Fliegerbombe seit 1960 in der Nachkriegsgeschichte. Umfangreiche Evakuierung notwendig / Entschärfung am Sonntag, 8. April. Um umfangreiche Evakuierungen entsprechend vorbereiten zu können und für die Betroffenen auch erträglich zu machen, wurde nach Rücksprache mit Experten des Kampfmittelräumdienstes, der Polizei und der Feuerwehr, entschieden, die Bombe am Sonntag, 8. April, zu entschärfen.

Es bestehe in der Zwischenzeit keinerlei Gefahr für die Anwohner im Stadtgebiet. Die Bombe werde von einem Wachschutz bewacht und sei von Experten abgedeckt worden.{gallery}news/2018/180329pb{/gallery}


Paderborn; Donnerstag, 29. März 2018 | Stadt Paderborn - Eine der bisher größten Bomben in Paderborn wurde am Mittwochnachmittag bei Bauarbeiten in der Nähe der Universität gefunden. Die britische Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg wiegt etwa 1,8 Tonnen und enthält 1,5 Tonnen Sprengstoff. Die Entschärfung der Bombe soll am Sonntag, 8. April, stattfinden.

Wie die Stadt Paderborn in einem Pressegespräch mitteilte, sind aufgrund der Größe der Bombe und ihrer Sprengkraft umfangreiche Evakuierungen notwendig. In einem Radius von etwa 1,5 Kilometern um den Fundort unterhalb der Universität müssen während der Entschärfung Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.

In einem Gebiet zwischen der B 64, dem Paderwall, der Borchener Straße und dem Dörener Feld sind davon mehr als 26.000 Einwohner, vier Krankenhäuser und vier Altenheime betroffen. Da es sich um eine so große Zahl von Einwohnern, Patienten und Altenheim Bewohnern handelt, sind umfangreiche Planungen zu Schutzmaßnahmen und Evakuierungen erforderlich.

Um diese umfangreichen Evakuierungen, auch von Intensivmedizin-Patienten und Pflegebedürftigen, entsprechend vorbereiten zu können und für die Betroffenen auch erträglich zu machen, wurde nach Rücksprache mit Experten des Kampfmittelräumdienstes, der Polizei und der Feuerwehr, entschieden, die Bombe am Sonntag, 8. April, zu entschärfen. „Insbesondere die Evakuierung der Krankenhäuser und Altenheime braucht einen Planungsvorlauf. Daran arbeiten wir gemeinsam mit den zuständigen Stellen bereits mit Hochdruck“, so Udo Olschewski, Leiter des Paderborner Ordnungsamtes.

Es besteht in der Zwischenzeit keinerlei Gefahr für die Anwohner im Stadtgebiet. Die Bombe wird von einem Wachschutz bewacht und ist von Experten abgedeckt worden.

Die sogenannte Großladungsbombe ist etwa zwei Meter lang und hat einen Durchmesser von 76 Zentimetern. Die britische Fliegerbombe hat drei manuelle Kopfzünder, die von den Experten des Kampfmittelräumdienstes entschärft werden müssen. Die Stadt wird in der kommenden Woche weiter zu dem Thema informieren.

Quelle: Stadt Paderborn Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Stadtmarketing

 

Westfälisches Volksblatt

26.000 Paderborner müssen Häuser verlassen
1800-Kilo-Bombe: Evakuierung am 8. April – vier Kliniken betroffen{gallery}news/2018/180330pb1{/gallery}
 
 
 
Paderborn: Nach dem Fund einer 1,8 Tonnen schweren Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg steht der Stadt Paderborn eine der größten Evakuierungen bevor, die es jemals in Ostwestfalen-Lippe gegeben hat.
Mehr als 26.000 Menschen müssen am 8. April ihre Häuser verlassen. Auch vier Krankenhäuser und fünf Altenheime sind betroffen.
 
Die zwei Meter lange und mit 1650 Kilo Sprengstoff gefüllte Bombe, ein sogenannter Wohnblockbrecher (»Blockbuster«), wurde am Mittwoch bei Gartenumbauarbeiten auf dem Grundstück eines Einfamilienhauses entdeckt. »Eine Bombe in dieser Dimension übersteigt unsere bisherigen Funde um das Vier- bis Fünffache«, sagte Paderborns Ordnungsamtsleiter Udo Olschweski am Donnerstag.
Entsprechend umfangreich sei die Evakuierung, die man nach Rücksprache mit dem Kampfmittelräumdienst nicht wie zunächst geplant am Ostermontag, sondern erst am Sonntag, dem 8. April, vornehmen werde. Danach muss der Bereich um den Fundort nahe der Universität in einem Umkreis von 1,5 Kilometern geräumt werden. Kopfzerbrechen bereitet dem Krisenstab, dass sich vier Krankenhäuser in der Gefahrenzone befinden. Aufgrund der aktuellen Grippewelle seien die Kliniken so stark ausgelastet, dass die Verlegung von Patienten in umliegende Häuser schwierig sei.
 
Voraussichtlich um 8 Uhr soll am 8. April die Evakuierung der Innenstadt beginnen. »Die Entschärfung der Bombe ist für den Nachmittag geplant, und wir hoffen, dass die Menschen am Abend in ihre Wohnungen zurückkehren können«, sagte der Ordnungsamtschef. Er appelliert an die Anlieger, den Aufforderungen der Behörde Folge zu leisten und nach Möglichkeit so zu planen, dass man tagsüber nicht in Paderborn ist. Zusätzlich sollen Sammelstellen eingerichtet werden.
Der Fundort der Bombe, den die Stadt nicht bekannt geben wollte, wird rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst bewacht. Unmittelbare Gefahr bestehe nicht.
Bittere Ironie am Rande: Die Fliegerbombe wurde am 27. März gefunden ­– exakt an jenem Tag, an dem vor 73 Jahren die Alliierten den letzten und mit 350 Toten verheerendsten Angriff auf Paderborn flogen.{gallery}news/2018/180330pb2{/gallery}
 
 
 
 
Wer kann, sollte Paderborn am 8. April verlassen
Bombenfund: Straßensperrungen und Räumung laufen um 8 Uhr an
»Ich habe immer geahnt, dass mal so ein dickes Ding gefunden wird«, sagt Udo Olschewski. Der Bombenfund sei eine ernste, ja, sogar eine sehr ernste Situation. Panik sei aber nicht angebracht, betont Paderborns Ordnungsamtschef. Der Krisenstab und er bereiteten alles vor, damit die größte Evakuierung der Nachkriegszeit in der Stadtgeschichte möglichst reibungslos verläuft.
 
Eine Räumung in dieser Dimension sei auch für den 63-Jährigen bislang beispiellos: In den 60er Jahren seien nach dem Fund einer Fliegerbombe im Bereich der Borchener Straße etwa 4000 Menschen im Evakuierungsbereich gewesen. »Das ist jetzt aber nochmal eine ganz andere Hausnummer.« Von dem Plan, das 1,8 Tonnen schwere Kriegsgerät (HC 4000, Blockbuster) bereits Ostermontag zu entschärfen, habe man sich schnell verabschiedet. »26.300 Menschen und dazu vier Krankenhäuser sowie fünf Altenheime und ein Hospiz zu räumen – das ist in so kurzer Zeit nicht realisierbar«, sagt Olschewski.
In einem Krisenstab, in dem unter anderem Feuerwehr, Polizei, Stadt und Kreis Paderborn sowie Hilfsorganisationen wie Johanniter, Malteser und Rotes Kreuz vertreten sind, wird der 8. April – der Tag der Bombenentschärfung – ­akribisch geplant. »Wir haben Glück, dass von der Bombe keine unmittelbare Gefahr ausgeht und sich die Bevölkerung auf die Evakuierung vorbereiten kann«, sagt der Ordnungsamtschef.
 
An dem besagten Sonntag in einer Woche soll das Prozedere voraussichtlich um 8 Uhr morgens anlaufen. »Dann werden die Straßen gesperrt und die Bewohner aufgefordert, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen«, sagt Udo Olschewski. Dies werde anschließend auch von Sicherheitsdiensten kontrolliert. Das Räumungsgebiet ist mit drei Kilometern Durchmesser riesig und reicht nach Angaben von Stadtsprecher Jens Reinhardt von der B64 bis zum Paderwall in der einen und von der Borchener Straße bis zum Dörener Feld in der anderen Richtung.
Die Bombenentschärfung, die am Nachmittag erfolgen soll, dürfte laut Olschewski etwa 1,5 bis zwei Stunden dauern. Der Abtransport sei für den Abend geplant, und erst dann dürfen die Anwohner wieder zurückkehren. »Wer kann, soll sich also für diesen Tag etwas Schönes vornehmen, aber möglichst nicht in Paderborn«, sagt der 63-Jährige.
 
Betroffen ist – zumindest für die Zeit der Entschärfung – auch der Bahn- und Flugverkehr. So werden sowohl die Bahnstrecken im Evakuierungsbereich als auch der komplette Luftraum über der Stadt Paderborn gesperrt. Dass praktisch unter ihren Füßen eine Bombe tickt, dürfte auch für die Bewohner des Einfamilienhauses, auf deren Grundstück – südlich der Uni – die gefährliche Kriegslast gefunden wurde, ein Schock gewesen sein. Danach befand sich der Blindgänger lediglich in 80 Zentimetern Tiefe und wurde am Mittwochnachmittag während Gartenbauarbeiten gefunden. »Sie wurde zunächst für einen alten Gasboiler gehalten«, sagt Ordnungsamtschef Olschews­ki. Doch zum Glück noch rechtzeitig dämmerte es den Beteiligten, auf welch hochexplosiven Fund sie da gestoßen waren.
Den genauen Ablauf der Evakuierung am 8. April will die Stadt Mitte nächster Woche bekannt geben. Auch sollen alle betroffenen Haushalte noch mit Flugblättern informiert werden. Ein nächstes Koordinierungstreffen ist für Dienstag geplant.
 
Auch mehr als 70 Jahre nach Kriegsende verbergen sich noch immer ungezählte Blindgänger im Erdreich und fristen als explosive Altlasten ein gefährliches Dasein. Allein im vergangenen Jahr musste der Kampfmittelräumdienst dreimal auf Paderborner Stadtgebiet ausrücken, um Fliegerbomben zu entschärfen. {gallery}news/2018/180330pb4{/gallery}
 
 

Am 16. Februar stießen Experten nach der Auswertung von Luftbildaufnahmen abseits der B64 bei Benhausen auf eine 500-Kilogramm-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. In dem kaum besiedelten Gebiet mussten lediglich eine Tankstelle und ein Bauernhof geräumt werden. Nur wenige Tage später, am 20. Februar, wurde während der Parkhauserweiterung der Firma d-Space ein 250 Kilogramm schwerer Blindgänger gefunden. Alle Gebäude im Umkreis von 300 Metern wurden geräumt. Noch mehr Menschen waren betroffen, als am 18. August, eine ebenfalls fünf Zentner schwere Bombe bei der Katholischen Fachhochschule an der Leostraße entdeckt wurde. Mehr als 500 Menschen mussten im Umkreis des Fundortes von 250 Metern ihre Häuser verlassen.
Nicht selten kommt in diesen Fällen einem Elsener eine ganz besondere Rolle zu: Karl-Heinz Clemens arbeitet beim Kampfmittelbeseitigungsdienst und hat bereits hunderte Bomben erfolgreich entschärft.
 

73 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg werden jeden Tag noch durchschnittlich vier Bomben in Nordrhein-Westfalen entschärft.
Nach Angaben des Landesinnenministeriums richteten sich 48 Prozent aller Luftangriffe auf Deutschland gegen Ziele in NRW, das Zentrum der Industrie im Deutschen Reich. Die Bomberpiloten versuchten, außer Fabriken vor allem Bahnanlagen zu treffen. Zigtausende Bomben allerdings zündeten beim Aufschlag nicht, sondern drangen ins Erdreich ein, wo viele von ihnen bis heute liegen – Zeitbomben im wahrsten Wortsinn.{gallery}news/2018/180330pb3{/gallery}
 
 

»Etwa die Hälfte der Blindgänger wird zufällig entdeckt, zum Beispiel bei Bauarbeiten. Die andere Hälfte entdecken wir auf alten Luftbildern«, sagt Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg. Ihr Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD), so heißt die Abteilung im Amtsdeutsch, ist in Hagen untergebracht und für die Entschärfung von Bomben im Münsterland, in Ostwestfalen-Lippe und im Sauerland zuständig. Der Rest Nordrhein-Westfalens wird von Düsseldorf aus betreut.
40 Mitarbeiter arbeiten beim KBD in Hagen, darunter etwa 20 Entschärfer. Täglich gehen bei der Behörde Anfragen von Bauherren ein, die ihr Grundstück überprüft haben möchten, bevor der Bagger kommt. »Das findet erst mal am Computer statt«, sagt Christoph Söbbeler. 1989 hatte NRW von den Briten das Recht eingeräumt bekommen, 300.000 Luftaufnahmen zu nutzen, die die Bomberpiloten vor, bei und nach ihren Abwürfen gemacht hatten. Auswerter des KBD erkennen auf den Schwarz-Weiß-Aufnahmen, welche Bombe gezündet hat und welche nicht. Söbbeler: »Am Computer kann man Landkarten von heute über die alten Luftbilder legen und die Lage der damaligen Krater ziemlich genau bestimmen.«
Krater von Blindgängern sind als kleine schwarze Punkte auf den Fotos zu erkennen. Schwieriger wird es, wenn Bomben dicht daneben eingeschlagen sind und den Krater des Blindgängers zugeschüttet haben.
Finden die Luftbildauswerter auf einem Baugrundstück einen verdächtigen Krater, muss das vor Ort überprüft werden. Denn die Bombe könnte ja bereits zeitig nach dem Krieg beseitigt worden sein.
Nach einem festgelegten Muster werden an der fraglichen Stelle an 37 Punkten Bohrungen vorgenommen – acht Meter tief, weil noch nie ein Blindgänger tiefer lag. Dann werden Metalldetektoren in die Löcher gelassen, um die mögliche Bombe aufzuspüren. Zuletzt wird sie freigelegt und entschärft, indem der oder die Zünder herausgedreht werden – ein gefährlicher Job. Söbbeler: »Die Faustregel für den Sicherheitsabstand der Bevölkerung lautet: Ein Meter pro Kilogramm Sprengstoff.«
Manchmal hat Rost der Bombe so zugesetzt, dass die Entschärfer ihre Werkzeuge nicht mehr am Zünder ansetzen können. Dann muss der Blindgänger am Fundort gesprengt werden. 2016 war das laut Innenministerium 18 Mal der Fall.
Eine Evakuierung von 26.000 Menschen, wie sie jetzt in Paderborn geplant ist, ist für Ostwestfalen-Lippe ein herausragendes Ereignis. Zuletzt wurden am 17. Januar in Minden 3400 Menschen in Sicherheit gebracht.