„Die wussten genau, was sie wollten“. Unbekannte sind zwischen dem 11. und dem 13. Dezember ins Gerätehaus Schwaney eingebrochen und haben einen Rettungssatz samt Akkus gestohlen.
Schwaney. WV. Rainer Hartmann ist seit 1991 bei der Feuerwehr Altenbeken. Einen Diebstahl hat es seitdem noch in keinem der drei Feuerwehrgerätehäuser gegeben. Das ist seit dem 13. Dezember anders. Wie berichtet, waren Unbekannte zwischen dem 11. und dem 13. Dezember ins Gerätehaus Schwaney eingebrochen und hatten einen Rettungssatz samt Akkus gestohlen. „Das war eine gezielte Aktion. Die sind rein und wussten genau, was sie mitnehmen mussten“, ist der Wehrführer überzeugt. Die Täter hatten es auf eine Rettungsschere, einen Rettungsspreizer, die zugehörigen Akkus und zwei Teleskopzylinder abgesehen.
„Dabei handelt es sich um schweres Gerät, mit dem man richtig arbeiten kann“, erläutert Niklas Schäfers, Pressesprecher der Feuerwehr Altenbeken. Hiermit sei zum Beispiel technische Hilfeleistung bei Unfällen möglich. Mit einer Rettungsschere lässt sich ein Dach von einem Auto abschneiden. Die Schwere arbeite dabei mit Kräften von fünf Tonnen, erläutert Rainer Hartmann.
Einen Spreizer setzt die Feuerwehr ein, um zum Beispiel verklemmte Autotüren nach einem Unfall aufzudrücken. „Aber auch, wenn zum Beispiel ein Kind den Kopf zwischen zwei Geländerstäben steckt und nicht wieder rauskommt“, erläutert Rainer Hartmann. Mit den Teleskopzylindern lassen sich bei einem Unfall geöffnete Türen weiter vergrößern und stabilisieren.
Bleibt die Frage: Warum stiehlt man einen Rettungssatz? Rainer Hartmann hat da schon so eine Ahnung: „Damit werden Einbrüche verübt, zum Beispiel in Juwelier-Geschäfte.“ In Feuerwehrkreisen sei das durchaus bekannt. Überall in Deutschland seien schon Rettungssätze gestohlen worden und später bei Einbrüchen wieder aufgetaucht. „Juweliere haben einen sehr hohen Einbruchsschutz mit vergitterten Fenstern und Ähnlichem. Für Rettungsgeräte stellt das kein Hindernis dar. Sie sind ja dafür konstruiert, überall hineinzukommen“, erläutert Niklas Schäfers.
Unter anderem soll beim besonders spektakulären Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden 2019 Rettungsgerät verwendet worden sein, um ins Residenzschloss zu gelangen. Auch Geldtransporter sollen mithilfe von Rettungsscheren aufgebrochen worden sein. Altenbekens Wehrführer kannte solche Diebstähle bislang nur aus Feuerwehrmagazinen: „Jetzt hat es uns auch erwischt.“
Auch Altenbekens Ordnungsamtsleiter Christian Bruns geht davon aus, dass es sich um einen gezielten Diebstahl handelt: „Die Täter haben die Tür mit einem Kuhfuß aufgebrochen und dann nur den Rettungssatz samt Akkus mitgenommen. Alles andere haben sie dagelassen.“ Weitere hochwertige Geräte wie eine nagelneue Motorsäge und ein Trennschleifer sind noch an ihrem Platz. Auch das iPad hinter der Windschutzscheibe blieb von den Tätern unbeachtet ebenso wie die Computer im Obergeschoss. Kurios: Auch einen Verbandskasten ließen sie mitgehen. Christian Bruns erklärt sich das so: „Der Kasten lag neben der Rettungsschere. Wahrscheinlich dachten sie, das gehört zusammen.“ Sehr wohl wussten die Diebe aber, dass sie die Ablage für Schere und Spreizer aufklappen mussten, um an die dahinter liegenden 24-Volt-Akkus und das Netzteil zu gelangen.
Den Gesamtschaden beziffert Ordnungsamtsleiter Bruns auf rund 30.000 Euro: „Wir haben den Fall unserer Versicherung gemeldet und warten jetzt auf deren Bericht.“ Wie lange genau eine Ersatzbeschaffung dauert, weiß Bruns nicht. Bis es soweit ist, müssen im Fall der Fälle die Löschzüge Altenbeken und Buke mit ihrem Gerät aushelfen. Christian Bruns betont aber: „Die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr ist weiter voll gewährleistet. In den Fahrzeugen in Altenbeken und Buke sind hydraulische Rettungssätze.“
Offenbar wussten die Täter genau, wo sich die neuen Geräte befanden. Das Gerätehaus in Schwaney ist das einzige in der Gemeinde mit akkubetriebenem Rettungssatz. Gut möglich, dass die Täter diese Information gezielt im Internet gesucht haben. Immerhin war die Anschaffung 400.000 Euro teuren HLFs kein Geheimnis, sondern wurde im Internet von Gemeinde und Feuerwehr sowie in der Presse vermeldet.
Um in das Feuerwehrgerätehaus zu gelangen, wurde die Seitentür aufgebrochen. Die Spuren deuten auf einen Kuhfuß oder ein Brecheisen hin, erläutert Bruns.
Der Einbruch ins Feuerwehrgerätehaus in Schwaney ist der erste dieser Art im Kreis Paderborn. Das bestätigt Polizei-Pressesprecherin Corinna Koptik auf Anfrage: „Die Masche, Rettungsgeräte zu klauen, um damit Einbrüche zu begehen, ist aber bekannt.“
Westfälisches Volksblatt