Notfallseelsorger der Stadt Paderborn feiern 25-jähriges Bestehen im Rathaus. „Die gute Seele, die immer da ist“.
Paderborn. Seit 25 Jahren leisten die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Notfallseelsorge der Stadt Paderborn Beistand für Bürger und Einsatzkräfte in Krisensituationen. Zum Jubiläum feierten langjährige Wegbegleiter sowie die ehemalige Leiterin Monika Dinger mit den Seelsorgerinnen und Seelsorgern. „Es ist ein bisschen wie bei einem Klassentreffen“, sagte Notfallseelsorger Stefan Westhoff zu Beginn des Festakts im Rathaus. Er ist einer von 30 ehrenamtlichen Helfern der Notfallseelsorge der Stadt Paderborn.
365 Tage im Jahr stehen Mitarbeiter der Notfallseelsorge rund um die Uhr bereit, um Einsatzkräfte bei Einsätzen zu unterstützen und sich um die zu kümmern, die bei Unglücken betroffen sind –seien es Opfer, Angehörige, Ersthelfer oder die Einsatzkräfte selbst. Zwischen 100 bis 120 Einsätze pro Jahr absolvieren die Helferinnen und Helfer der Notfallseelsorge. Besonders in Erinnerung geblieben sei laut Westhoff der Tornado-Einsatz im vergangenen Jahr. Schon in den ersten Stunden waren die Notfallseelsorger unterwegs, um Betroffenen ihre Hilfe anzubieten. Zudem richteten die Helfer über drei Tage einen Anlaufpunkt ein, um all denen Beistand zu leisten, die ihn nach dem verheerenden Unwetter benötigten.
Mit Blick auf diesen, aber auch all die anderen Einsätze der vergangenen 25 Jahre sprach Westhoff im Namen der Notfallseelsorge seinen tiefsten Dank für die gute Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften der Feuerwehr und Polizei, aber für die Unterstützung der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde aus. Beistand leisten, Mitgefühl zeigen und stets zuhören. Seinen herzlichsten Dank im Namen aller Bürger äußerte auch Bürgermeister Michael Dreier in seinem Grußwort. „Die Notfallseelsorge kennt keine kirchlichen Grenzen“, sagte Dreier und hob damit besonders die Unabhängigkeit der ehrenamtlich Tätigen hervor, die rund um die Uhr für jeden Menschen da seien. Als „die gute Seele, die immer da ist“ bezeichnete der Bürgermeister die Notfallseelsorger, die laut Dreier für die Menschen da seien, Beistand leisten, Mitgefühl zeigen und stets zuhören – wenngleich das alles niemals leicht sei.
Besonderen Dank richtete der Bürgermeister an Monika Dinger, die vor 25 Jahren die Idee der Notfallseelsorge in Paderborn gehabt und sehr beim Aufbau des Ehrenamtes mitgewirkt habe. Dreier attestierte der Notfallseelsorge, eine tragende gesellschaftliche Säule zu sein, die sich durch das große Engagement auch keine Sorgen über den Nachwuchs machen müsste. Lobende Worte für die Notfallseelsorge richtete auch Superintendent Volker Neuhoff für den evangelischen Kirchenkreis Paderborn aus: „Ich freue mich, wenn das Amt so wie heute gewürdigt wird“, erklärte Neuhoff, der die Seelsorge nicht als selbstverständlich, aber als sehr gute und wichtige Tätigkeit einordnete. Er hob die Unterstützung durch Kreis und Stadt sowie Bürgerspenden hervor und betonte das hohe Ansehen, das die Notfallseelsorge in der Bürgerschaft Paderborns genieße. Dabei sei als Notfallseelsorger besonders die Vor- und Nachbereitung von Einsätzen stets wichtig, denn: „Sorge um die Seelen anderer betrifft immer auch die eigene Seele“, so Neuhoff.
Das 25-jährige Jubiläum nötige Neuhoff dabei allergrößten Respekt ab, gerade in Anbetracht der vielen Menschen, denen die Notfallseelsorge gutgetan habe. „Sie leisten den Menschen einen beeindruckenden Dienst“, so Neuhoff. Eines der anspruchsvollsten Ehrenämter. „Voller Respekt, Dankbarkeit und auch ein bisschen Stolz“ richtete auch Rainer Fromme stellvertretend für das katholische Dekanat Paderborn seine Gratulation an die Notfallseelsorge. In „vielleicht einem der anspruchsvollsten Ehrenämter“ könne die Notfallseelsorge Paderborn auf starke Partner und gute Abläufe in ihrer „hochprofessionellen“ Leistung bauen. „Sie halten aus, was nicht auszuhalten ist. Sie sind da, wenn alle anderen bereits weg sind“, zollte Fromme den Helfern Respekt.
Respekt und tiefste Dankbarkeit drückten auch Ludger Schmidt, Leitender Branddirektor der Feuerwehr Paderborn, sowie Ulrich Ettler, Leitender Polizeidirektor der Kreispolizeibehörde Paderborn, den Notfallseelsorgern gegenüber aus. Einsatzkräfte hätten laut Schmidt die Möglichkeit, einen Einsatzort zu verlassen und sich neu zu fokussieren, wenn man wisse, dass die Notfallseelsorger für betroffene Menschen im Anschluss noch da seien. „Vor 25 Jahren haben Sie das kleine Feuer entfacht und lodern lassen. Es ist da und bietet seitdem Wärme und Licht. Ich habe die Bitte, dass Sie das Feuer weiter am Brennen halten“, sagte Schmidt abschließend und bedankte sich für die stets gute Zusammenarbeit. Der evangelische Pfarrer Matthias Rausch ordnete die Tätigkeit der Notfallseelsorge mit Blick auf ganz Deutschland ein. Dabei gebe es knapp 55 Systeme dieser Art in NRW - das laut Rausch einzige Bundesland, das ein praktisch flächendeckendes Netz an Notfallseelsorgern besitze. Dabei gebe es laut Rausch nicht viele Kommunen wie Paderborn, wo die Notfallseelsorge so selbstverständlich von der Gesellschaft getragen werde.
Er wünsche sich, dass die Notfallseelsorger in Zukunft mit der freiwilligen Feuerwehr gleichgestellt würden, um auch die ehrenamtliche Tätigkeit während der Arbeitszeit zu ermöglichen. Zum Abschluss des Festaktes hielt auch Monika Dinger als ehemalige Leiterin der Notfallseelsorge (1998 bis 2012) einen Festvortrag. Dabei hob sie besonders die Bedeutung des Ehrenamtes in der Tätigkeit als Notfallseelsorger hervor. „Nicht nur die Profis, sondern gerade die große Anzahl ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer“ stellte Dinger als prägend für die Notfallseelsorge in den Vordergrund. Auf die ersten Schritte der Notfallseelsorge in Paderborn blickte Dinger dabei auch zurück.
Erste Schritte in den 1990er Jahren. So sei in den 1990er Jahren im kirchlichen Bereich eine Initiative von Pfarrern, die im Rettungsdienst tätig waren, ein erster Schritt in Richtung Seelsorge gewesen. Daraus hätten sich an mehreren Orten gleichzeitig Systeme dieser Art in Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Polizei entwickelt. 1996 habe dann der Brandmeister der Feuerwehr in Paderborn entsprechende Ansprechpartner für die Einsatzkräfte gesucht – zunächst ohne Erfolg. Ein Jahr später habe sich dann ein ökumenischer Arbeitskreis gebildet, der zusammen mit dem Brandmeister ein Konzept für Paderborn entwickelte und sich aufgrund mangelnder Gelder von beiden Kirchen für ein ehrenamtliches Engagement entschied. Heutzutage sei die Unterstützung deutlich gewachsen, dennoch habe es 1998 erstmal einiges an Werbung und vor allem Schulungen gebraucht, um Helfer zu animieren und entsprechend vorzubereiten.
Anfängliche Skepsis unter den Einsatzkräften sei spätestens mit dem Einstieg von Ralf Schmitz als damaligem Leiter der Feuerwehr verschwunden. Bei den Fähigkeiten der Notfallseelsorger sieht Dinger einen ganz besonderen Faktor: „Die Fähigkeit, die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden“ sowie die „Bereitschaft, mit verstörten Menschen in Kontakt zu treten, zu bleiben und sich anschließend wieder verabschieden zu können“, sieht Dinger als zentral für die Notfallseelsorge. Bei der Gründung der Notfallseelsorge habe es damals lange Diskussionen um den richtigen Namen gegeben – schließlich sollte immer klar sein, dass das Angebot unabhängig von Religion oder Herkunft für jeden besteht. Bei der letztlichen Entscheidung für die Notfallseelsorge habe man sich schließlich als losgelöst von inhaltlichen Bestimmungen durch Kirchenleitungen identifiziert und sich als autoritäre Berufungsinstanz in Sachen „richtiges Helfen“ verstanden, die sich selbstverständlich auch mit dem Seelsorgebegriff in Verbindung sieht. Dieser Begriff sei vom Leitbild des Samariters geprägt; die Selbstverständlichkeit zeichne viele in der Notfallseelsorge aus. Abschließend las Dinger eine Passage aus dem Gedicht „Halbwelt“ von Anne-Marie Brenner vor und sah in den Zeilen das Herzstück der Notfallseelsorge zusammengefasst: „Auffangen, Lindern, Sein“, so Dinger.
Bericht: Westfälisches Volksblatt