Seit Jahresbeginn zahlt NRW bei der Fahrprüfung für ehrenamtliche Helfer dazu
VON HEIKO KAISER
Bielefeld. Blaulicht und Sirene. Im Brandfall kommt es auf Sekunden an. Doch wenn niemand da ist, der das Löschfahrzeug steuern darf, bleibt das Martinshorn still. Diesem Szenario hat das Land Nordrhein-Westfalen jetzt vorgebeugt, indem es den Erwerb des Lkw-Führerscheins (Klasse C 1) für ehrenamtliche Helfer mit 800 Euro finanziell unterstützt.
Die 1999 eingeführten neuen Führerscheinklassen stellen freiwillige Feuerwehren und Hilfsorganisationen wie das THW vor erhebliche Probleme. Während zuvor jeder Inhaber des alten Führerscheins Klasse drei noch Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen steuern durfte, berechtigt der neue Pkw-Führerschein (Klasse B) nur noch zum Fahren von Wagen bis 3,5 Tonnen.
Mit dem Ausscheiden älterer Feuerwehrleute gingen den Wachen daher zunehmend die Fahrer aus. Ein Bundesgesetz sollte dem Abhilfe schaffen. Einstimmig entschied der Bundestag deshalb 2009, dass bei Feuerwehren, Rettungs- und Katastrophendiensten künftig ein normaler Pkw-Führerschein reicht, um Einsatzfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen zu lenken – vorausgesetzt, die Länder entscheiden sich für dieses Modell. Nötig sind dann lediglich eine Einweisung und eine Prüfung innerhalb der jeweiligen Organisation. Die Länder Bayern, Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein haben diese Regelung umgesetzt, Nordrhein-Westfalen aber hat sich dagegen entschieden – aus Sorge um die Sicherheit bei Einsätzen.
Das Land geht nun einen anderen Weg: Seit Beginn dieses Jahres erhalten ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute auf Antrag einen Landeszuschuss von 800 Euro zum Erwerb des Führerscheins Klasse C 1 und dürfen damit auch privat Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen fahren – anders als Kollegen in Bayern, Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein, wo die Erlaubnis auf die Dienstfahrt begrenzt ist.
„Mit der Entscheidung für externe Fahrprüfungen und dem finanziellen Zuschuss sorgen wir für eine maximale Sicherheit“, sagt Christoph Schöneborn, Pressesprecher des Verbandes der Feuerwehren NRW, und erteilt gleichzeitig dem „kleinen Feuerwehrführerschein“ aus Sicherheitsbedenken eine Absage. „Das Unfallrisiko ist bei einer Einsatzfahrt sieben- bis achtmal höher als bei einer normalen Fahrt“, untermauert Detlev Eikelmann, Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Bielefeld, die Einschätzung Schöneborns.
Die Bielefelder Kollegen sind allerdings nicht von der Neuregelung betroffen. „Wir schulen seit Jahren intern durch einen geprüften Fahrlehrer“, erklärt er. Gleiches gilt für die freiwillige Feuerwehr in Rheda-Wiedenbrück. Auch für viele kleine Feuerwehren ändert sich wenig. „Die Stadt bezuschusst schon bisher den Erwerb des Führerscheins“, sagt etwa Dietrich Pleitner, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Versmold. Auch Joachim Hartfelder, Wehrführer in Blomberg-Lippe, berichtet von Unterstützung der Kommunen. Diese werden durch die Neuregelung allerdings zukünftig auf Landeskosten entlastet.
Dabei kann es zu so kuriosen Situationen kommen wie in den benachbarten Gemeinden Calenberg (Kreis Höxter, NRW) und Wettesingen (Kreis Kassel, Hessen). Die Wettesinger Blauröcke dürfen nach einer kurzen internen Schulung ans Steuer des 7,5 Tonnen schweren Löschfahrzeuges. Für den jungen Feuerwehrmann im gerade einmal zweieinhalb Kilometer entfernten Calenberg bei Warburg geht’s erst in die Fahrschule, dann auf den Fahrersitz. Etwa 500 Euro muss er für den Führerschein aus eigener Tasche drauflegen.
Oberbrandmeister Jürgen Rabbe, Pressesprecher der Warburger Feuerwehr, findet aus Sicherheitserwägungen die NRW-Lösung besser als den hessischen Feuerwehrführerschein. Über eines aber ärgert er sich dennoch: „Die Förderung gilt nur für die Klasse C 1. Will ein Kamerad aber gleich den Führerschein der Klasse C machen, womit er in der Lage wäre, auch unsere großen Löschfahrzeuge über 7,5 Tonnen zu steuern, bekommt er nichts. Auch wenn er bereit ist, den Differenzbetrag selbst zu tragen.“