28. November. Kreis Paderborn.

Verkehrskonferenz "GEFAHREN auf Landstraßen" "Geschwindigkeit entscheidet über Leben und Tod"{gallery}news/2013/131128kr{/gallery}



Paderborn: "Es muss sich was tun", war die ausdrückliche Aufforderung von Landrat Manfred Müller zu Beginn der Verkehrskonferenz am Dienstag im Paderborner Kreishaus. Müller selbst hatte im Oktober 2013 die Kampagne "GEFAHREN auf Landstraßen" ins Leben gerufen. Ziel der Kampagne ist es ist, die Zahl schwerer Verkehrsunfälle auf Landstraßen im Kreis Paderborn zu reduzieren.

Ein Baustein der Kampagne war die Tagung, in der gemeinsam mit Experten, Fachinstitutionen und Bürgerinnen und Bürgern über Möglichkeiten der Verkehrssicherheit diskutiert werden sollte. Müller: "In den letzten Jahren stagnieren die Unfallzahlen. Besonders die tödlichen Verkehrsunfälle sind aber nicht zurückgegangen. Dabei passieren die meisten schweren Verkehrsunfälle auf Landstraßen. Wir müssen mit gemeinsamen Kräften alles tun, um in Zukunft diese Unfälle zu verhindern." Allein mit polizeilichen Mitteln, so der Landrat als Chef der Kreispolizeibehörde, sei diese Aufgabe nicht zu bewältigen.

Der Einladung waren rund 60 Teilnehmer gefolgt. Mit einem Impulsreferat eröffnete Polizeidirektor Mönnighoff aus Münster die Expertenrunde. Mönnighoff war lange Jahre Verkehrsdozent an der Polizeiführungsakademie in Münster und ist europaweit als Berater zum Thema Verkehrssicherheit aktiv. Selbst in China und Russland ist seine Kompetenz gefragt. "Man kommt nicht zu spät an, sondern man fährt zu spät los." Mit diesem Gedanken startete der Polizist seinen Exkurs in wissenschaftliche Betrachtungen. Sein Fazit zur Senkung von Unfallzahlen nahm er damit schon vorweg, denn die These war sein roter Faden - der Zusammenhang zwischen dem Gefahren-bewusstsein des Einzelnen und der gefahrenen Geschwindigkeit. Mönnighoff: "Der Mensch hat kein Organ, das in der Lage ist, Geschwindigkeit zu bestimmen. Lediglich Beschleunigung und Verzögerung werden tatsächlich wahrgenommen." Individuelle Verkehrs-sicherheit sei abhängig von den Fähigkeiten des Fahrers und den im Verkehr zu bewältigenden Aufgaben. "Gerät dieses Verhältnis aus der Waage und sind die Anforderungen höher als die Kompetenz, drohen gefährliche Situationen, die zu Unfällen führen können.

Junge Leute überschätzen sich. Ältere Fahrer merken zu spät, dass sie manchen Verkehrssituationen nicht mehr gewachsen sind", so Mönnighoff. Das Bewusstsein des Einzelnen gelte es zu schärfen. Der Verkehrsdozent stellte die positiven Veränderungen bei Unfällen innerhalb geschlossener Ortschaften heraus. So seien die Unfälle seit der Einführung von Tempo 30 Zonen und verkehrsberuhigten Bereichen deutlich zurückgegangen, insbesondere die schweren Folgen. Diesen Erfolg müsse man beachten, wenn man über die Reduzierung derzeitiger Tempolimits außerhalb geschlossener Ortschaften nachdenke. Um positive Veränderungen zu erzielen, sei eine Verbundstrategie und gemeinsame Verantwortungsübernahme erforderlich. Eine abgestimmte Arbeit in Sachen Straßenbau, Verkehrsüberwachung und Aufklärungsarbeit ist nach Ansicht des Experten erste Voraussetzung. Im Übrigen, so Mönnighoff, sei die Polizei in Paderborn eine der ganz wenigen Behörden, die sich so intensiv mit der Thematik "GEFAHREN auf Landstraßen" auseinandersetzt und in den Konsens mit anderen Institutionen tritt. Mit einer Software, die den Anhalteweg von Fahrzeugen äußerst eindrucksvoll visualisiert, um auf die Gefährlichkeit höherer Geschwindigkeiten hinzuweisen, beeindruckte Mönnighoff am Ende seiner Ausführungen. Dabei wurde deutlich, dass sich der Anhalteweg schon bei einer geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung erheblich verlängert. "Jeder Autofahrer kann sofort positiv auf das Verkehrsunfallgeschehen einwirken, wenn er einfach langsamer fährt", schloss Mönnighoff.

Die Unfallstatistik für den Kreis Paderborn spricht eine deutliche Sprache. Polizeioberrat Friedrich Husemann, Leiter der Direktion Verkehr, bewies anhand der Zahlen, dass im Jahr 2012 alle 21 Stunden im Kreis Paderborn ein schwerer Verkehrsunfall auf Landstraßen passierte. Das Risiko, bei Verkehrsunfällen auf Landstraßen schwer verletzt zu werden, ist damit beinahe doppelt so groß wie in Ortschaften.

Drastisches Zeugnis für die Gefährlichkeit: In den letzten drei Jahren verloren dreiviertel aller im Kreis Paderborn tödlich verunglückten Menschen ihr Leben auf Straßen außerorts. Im Jahr 2013 stieg diese schreckliche Quote noch an: Alle zwölf bei Verkehrsunfällen getöteten Menschen starben auf Landstraßen. Zugewachsene Sichtachsen an Einmündungen von Wirtschaftswegen und sogenannte "Baumunfälle" wurden in der anschließenden Diskussionsrunde thematisiert. Helmut Sprink, der Leiter des Kreisstraßenbauamtes, bat darum Sichthindernden Bewuchs den zuständigen Ämtern zu melden, um den zügigen Rückschnitt zu veranlassen. Dass Alleen gänzlich verschwinden und alle Straßenbäume abgeholzt werden, hielt Landrat Müller für zu weitgehend. "Wir haben bereits in der Vergangenheit kranke Bäume durch Buschwerk ersetzt und damit Aufprallrisiken verhindert. Bei Neuanpflanzungen wurde der Sicherheitsabstand zum Straßenrand deutlich erhöht," so Müller. "Die Bäume sind nicht schuld. Kein Baum springt auf die Straße und verursacht einen Verkehrsunfall", brachte Mönnighoff es auf den Punkt und forderte erneut von jedem Einzelnen, die Geschwindigkeit anzupassen. "Geschwindigkeit ist der Killer Nr. 1" - diese Aussage aus dem allseits bekannten Blitzmarathon zog sich durch die gesamte Diskussion.

Abteilungsleiter Polizei Andreas Krummrey: "Jeder weiß, dass nicht angepasste Geschwindigkeit tödlich sein kann. Jeder kennt die Regeln. Aber nicht jeder hält sich daran." Krummrey zog aus der Ontario-Studie das Fazit: Polizeiliche Kontrollen und Sanktionen wirken nachgewiesenermaßen. Wer einmal wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erwischt wurde, fiel über einen langen Zeitraum nicht wieder auf. "Repression entwickelt eine deutliche präventive Wirkung für die Verkehrssicherheit," so Krummreys Standpunkt. "Mehr Werbung für Polizeikontrollen und weg von gegenläufigen Stammtischparolen", fasste Daniel Saage, der durch die Tagung führte, zusammen und brachte damit auch seine persönliche Meinung zum Ausdruck. "Wir brauchen einen Mix aus Repression, Prävention und Öffentlichkeitsarbeit. Wir müssen das Thema ins Bewusstsein bringen, immer wieder appellieren und kontrollieren", resümierte Landrat Müller und forderte zum Mittun auf.

Foto: Die Verkehrskonferenz bildete den Auftakt für die Wanderausstellung "GEFAHREN auf Landstraßen", die zurzeit in der 1. Etage des Kreishauses Paderborn zusehen ist und später auch in anderen öffentlichen Gebäuden im Kreisgebiet präsentiert werden kann. Zu buchen ist die Ausstellung bei der Pressestelle der Kreispolizeibehörde Paderborn, Tel.: 05251/3061300.

Bericht: Polizeipressestelle