Eine App, die Leben retten kann.
Kreis nimmt neues Katastrophenwarnsystem in Betrieb – Warnungen für jedermann aufs Handy.
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Kreis Paderborn (WV). Auch das macht Katastrophen so unberechenbar: Sie kündigen sich selten bis nie an. Und ist der Ernstfall erst einmal da, zählt jede Sekunde, wenn Menschenleben in Gefahr sind. Als Retter in der Not tritt künftig das Warn- und Informationssystem Katwarn auf, das gestern vorgestellt wurde. Es schickt maßgeschneiderte Warnmeldungen per App auf Smartphones oder per SMS und E-Mails auf Handys im Kreis Paderborn.
Mit dem vom Fraunhofer-Institut entwickelten System beschreitet der Kreis Paderborn neue Wege, um die Sicherheit der Bevölkerung zu erhöhen. Mit Katwarn erhalten Smartphone- und Handynutzer, die sich für diesen kostenlosen Dienst angemeldet haben (wie das funktioniert: siehe Infokasten), behördliche Warnungen.
»Denkbare Unglücksfälle sind zum Beispiel ein Großbrand, bei dem Schadstoffe austreten, eine Pandemie, Trinkwasserverseuchung oder eine Bombenentschärfung,« erklärt Ortwin Neuschwander vom Fraunhofer-Institut. Solche Warnungen – im ersten Fall zum Beispiel damit verbunden, Fenster und Türen zu schließen – erhalten dann auch nur jene Handynutzer, die im betroffenen Postleitzahlenbereich wohnen beziehungsweise sich dort aufhalten. Ist die Gefahr gebannt, kommt eine weitere Mitteilung mit einer entsprechenden Entwarnung aufs Handy.
»Der Vorteil dieses Systems ist, dass wir zielgenau warnen können«, sagt Landrat Manfred Müller, der als Chef des Feuerwehr- und Rettungswesens in Abstimmung mit dem Kreisbrandmeister entscheidet, wann eine Warnung an die Bevölkerung herausgeht. »Wir informieren schließlich nicht über Schadensereignisse, sondern nur, wenn Gefahr für die Bevölkerung besteht«, betont Kreisbrandmeister Elmar Keuter. So würden man auch erst bei Unwetterereignissen der höchsten Kategorie violett warnen, um nicht zu häufig SMS und E-Mails zu verschicken, denn das berge die Gefahr hin, dass die Bevölkerung diese Hinweise dann irgendwann nicht mehr ernst nehme. Keuter rechnet mit ein bis zwei Großgefahrenlagen im Jahr. Seiner Einschätzung nach wäre Katwarn sicherlich beim jüngsten Alme-Hochwasser und bei dem Brand der Atlaswerke vor mehreren Jahren zum Einsatz gekommen.
Grundsätzlich ist es möglich, sich bei Katwarn für zwei Postleitzahlenbereiche zu registrieren. Die eine kann zum Beispiel der Wohnort sein, die andere die Arbeitsstelle. »Darüber hinaus gibt es die Schutzengel-Funktion. Wenn ich quer durch Deutschland fahre und komme in eine Region, in der ein Katastrophenfall eingetreten ist, werde ich auch dann gewarnt. Voraussetzung ist, dass der Ortungsdienst am Handy nicht ausgeschaltet ist«, erklärt Neuschwander. Der Fraunhofer-Mitarbeiter betont, dass das Katwarn-System den Datenschutz der Nutzer wahrt: »Die Handynummern werden nicht personalisiert, und wir erstellen auch keine Bewegungsprofile, zumal wir ja auch nur Postleitzahlengebiete abfragen, nicht aber Adressen.«
Für Landrat Manfred Müller ist Katwarn ein weiterer Baustein in einem sehr gut funktionierenden Rettungssystem im Kreis Paderborn: »Aber klappen kann es nur, wenn möglichst viele Bürger dieses kostenlose Angebot annehmen.{gallery}news/2013/130529kr2{/gallery}
Mit Warnungen über Smartphones und Handys gelingt es uns zusätzlich zu Lautsprecheransagen der Feuerwehr oder Hinweisen im Radio, viele Menschen im Ernstfall direkt zu erreichen.« Ortwin Neuschwander hat auch noch eine weitere Klientel ausgemacht, die das Warnsystem in höchsten Tönen lobt: Hörgeschädigte.Die technische Plattform für Katwarn hat übrigens die Provinzial zur Verfügung gestellt. »Wir sind der Region verbunden. Aber sicher sind wir da auch nicht ganz uneigennützig, da jeder verhinderte Schadensfall die Kosten der Versicherung senkt«, sagt Dirk Bäz von der Westfälischen Provinzial Versicherung.
Der Kreis Paderborn lässt sich das kommunale Warn- und Informationssytem jährlich 3000 Euro kosten. Anschaffung und Inbetriebnahme schlugen einmalig mit 15 000 Euro zu Buche.
.Westfälisches Volksblatt von Per Lütje