Das neue Funknetz für den Ernstfall.
Einsatzkräfte testen Digitaltechnik seit vier Monaten / Empfang im Stadtgebiet Paderborn gut. {gallery}news/2014/140116pb{/gallery}
Paderborn. Als Testkulisse dienten wiederholt die Heimspiele des SCP. Auch im Tunnel und an der Egge haben die Einsatzkräfte ausprobiert, wo und wie gut der Digitalfunk funktioniert. Seit vier Monaten befinden sich Feuerwehr und Polizei auf Geheiß des NRW-Innenministeriums im „erweiterten Probebetrieb“
der neuen Kommunikationstechnik, die den bisherigen Analogfunk ablösen soll – Zeit für eine erste Bilanz.
Bernd Spieker, Erster Polizeihauptkommissar, begleitet die Testphase seit ihrem Beginn Mitte September und sammelt die Rückmeldungen. Insgesamt zufriedenstellend und positiv“ bewertet er Handhabung und Zuverlässigkeit – auch in einer gut besuchten Benteler- Arena könnten sich die Kollegen problemlos gegenseitig anfunken. Bei Großereignissen wie diesem kann das Team bei Bedarf auf einen eigenen Kanal wechseln, um in kleinem Kreis zu kommunizieren. 1.500 sogenannte Rufgruppen stehen insgesamt zur Verfügung, die eine Kommunikation zumindest theoretisch bundesweit ermöglichen. Während die Beamten,die für BOSS (Büro für Ordnung, Schutz und Sicherheit) in der Innenstadt unterwegs sind, nur noch mit den neuen Handgeräten arbeiten, verfügen die
Einsatzwagen über beides, Analog- und Digitalfunk. Dessen Handhabung testen die Polizisten im Dienst – und melden Lob und Kritik an die Projektgruppe. Wie lange neue und alte Technik parallel laufen? Spieker verweist auf die Regierung. In dieser Woche beginnt die Kontrolle der „weißen Flächen“, der Funklöcher. Diese werden angefahren und vor Ort der Empfang überprüft. „Eine hundertprozentige Abdeckung ist mit dem neuen Digitalnetz nicht gegeben.“ Aber: Die Zuverlässigkeit sei mit der eines Handynetzes zu vergleichen. Im Stadtgebiet sei der Empfang „ganz hervorragend“. Auch im Inneren des Rehberg- und des Eggetunnels gewährleisten neue Antennen den Empfang. Wo das noch nicht der Fall ist, könnten die Kollegen eben die Funktechnik im Streifenwagen als Verstärker nutzen – oder müssten ein paar Meter in Richtung Tageslicht gehen. „Aus Sicht der Gefahrenabwehr“ seien diese Schwachstellen aber „polizeilich zu vertreten“.
„Wir üben“, sagt Hartmut Dahm, Ortsbeauftragter des Technischen Hilfswerks, über die 120 aktiven Mitglieder. Zwei Kollegen haben sich schulen lassen und geben ihr Wissen weiter. Da das THW weniger akute Einsätze hat als die hauptamtlichen Kräfte, erproben die Ehrenamtlichen die Verständigung per Funk in nachgestellten Situationen. Bei der Frage, was noch nicht rund laufe, muss Dahm kurz überlegen: Einmal sei die Verständigung zu leise gewesen, ansonsten sei die Sprechqualität „bedeutend besser“ als mit den analogen Handgeräten, da die Neuen Umgebungsgeräusche, beispielsweise den Klang einer Sirene, herausfiltern. Auf die Aufrüstung der Fahrzeuge muss die Ortsgruppe noch warten. Bislang kann sie nur die mobilen Geräte testen, zur Verfügung gestellt von der THW-Bundesanstalt.
Skeptisch, aber auf humorvolle Weise optimistisch wirkt Branddirektor Ralf Schmitz, als er das neue Digitalhandfunkgerät in der Hand wiegt. Deutlich mehr Knöpfe hat es als das alte Modell und ein farbiges Display, wo vorher keines war. Und die inneren Werte, der Empfang in geschlossenen Räumen? Der sei gut, wenn die Gebäudefunkanlage, beispielsweise wie in der Tiefgarage Alte Torgasse, aufgerüstet sei. Zur Sicherheit werden die Handgeräte beim Betreten eines Hauses grundsätzlich auf Direktbetrieb geschaltet, vergleichbar mit Walkie-Talkies. Und was ist mit den bekannten Funklöchern in Dahl und Neuenbeken? Da sei es noch nicht sicher, ob die neuen Geräte dort bessere Ergebnisse liefern. Aber: Der Chef der städtischen Feuerwehr ist zuversichtlich. „Die Umrüstung ist eine Chance.“ Die Erprobung soll helfen, Schwachstellen zu finden, bevor sie im Ernstfall passieren. Einen„Umgewöhnung in der Gesprächskultur“ seiner Kameraden sei wohl nicht zu vermeiden. Schmitz führt es vor: Einige Sekunden verstreichen, das Gerät wählt sich in das Netz ein – die Verbindung steht. „Früher drückte man nur den Knopf und legte sofort los.“ Brandoberinspektor Michael Beivers koordiniert die Vorbereitungen.
Die Schulungen der über 500 Haupt- und Ehrenamtlichen beginnen in der kommenden Woche. Die Leitstelle muss noch per Kabel an den Digitalfunk angeschlossen werden. Beivers schätzt die Gesamtkosten für die Stadt auf 500.000 Euro. 400 bis 500 Euro kostet ein Gerät, als explosionsgeschützte Version vier Mal so viel. „Es ist noch viel zu tun.“
Foto: Auf dem Prüfstand: Brandmeister Andrey Klein (links) zeigt ein neues Digitalhandfunkgerät, Brandoberinspektor Michael Beivers hält das schwerere Analogmodell. Ursprünglich war die Einführung zur Fußballweltmeisterschaft 2006 geplant. Noch ist unklar, wann die neue die bisherige Technik ablösen wird.
FOTO: MARC KÖPPELMANN
Bericht: Neue Westfälische VON KRISTINE GRESSHÖNER