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6. Juni. Kreis Paderborn.

Mit dem kurzen Hüpfer einer leistungsfähigen Erkundungsdrohne vom Dach des Kreishauses zum Padersteinweg hat der Kreis Paderborn am Freitag bundesweit Technikgeschichte geschrieben, denn die Drohne flog dabei wie Flugzeug autonom. Ein Transponder an Bord sorgt dafür, dass die Drohne von allen anderen Luftfahrzeugen und der Flugsicherung gesehen wird. Der Kreis Paderborn ist der erste Landkreis in Deutschland, der eine solche Technik am Start hat.


Kreis Paderborn. Die rund 30.000 Euro teure Drohne soll der Feuerwehr Augen in der Luft geben und bei größeren Schadensfällen den Einsatzleitern möglicherweise noch auf der Anfahrt ein umfassendes Lagebild aus der Vogelperspektive vermitteln, berichtet Ulrich Wilmsmann, Leiter der Atos-Niederlassung Paderborn und Leiter der Data- und Businessline sowie AI in Europa gestern im Kreishaus.
Für Landrat Christoph Rüther gab der Tornado vor drei Jahren Anstoß, die Informationsgewinnung für Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei deutlich zu verbessern. „Wir haben damals mehrere Stunden gebraucht, um ein umfassendes Bild der Schäden zu gewinnen“, so Rüther. Und bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 gab auch zwölf Stunden nach Flut noch keine gesicherten Erkenntnisse über Kreis- und Landesgrenzen hinweg. Für Rüther stand nach dem Tornado fest: „Ich will nie wieder in eine Katastrophe ohne Lagebild hineingehen“.

Allerdings war der Weg bis zum Erfolg im Kreis Paderborn deutlich länger und mühseliger als gedacht. Klopfte man den Machern am Anfang noch aufmunternd die Schulter, fehlte es im Laufe der Monate an Unterstützung aus Politik und Verwaltung. Das monatelange Betteln und Disktieren hat mich geärgert“, räumt Rüther unumwunden ein. Und auch beim Geld war externe Hilfe gefragt. Hier sprang die Heinz-Nixdorf-Stiftung ein.
Ein starkes Quartett – der Kreis Paderborn, die Droniq GmbH und die Deutsche Flugsicherung als Partner für professionelle Drohneneinsätze, der IT-Dienstleister Atos mit der Tochterfirma Eviden, die über das praktische Knowhow verfügt und der Flughafen Paderborn/Lippstadt haben im Laufe der Jahre alle Hürden gemeistert, um „vor die Lage“ zu kommen.

Und praktische Hilfe kommt auch aus Etteln. Die Drohne, die zurzeit ihre Runden über Paderborn zieht, ist eine Leihgabe aus dem Borchener Ortsteil. In dem ambitionierten Projekt „Digitaler Dorfzwilling Etteln“, das weltweit Beachtung findet, soll eine Drohne immer dann starten, wenn auch die Feuerwehr in größere Einsätze geht.
Der Kreis hat bereits drei Drohnen bestellt. Um das Kreisgebiet lückenlos befliegen zu können, wären 16 Drohnen notwendig. In der Praxis deckt eine Drohne ein Gebiet mit einem Radius von rund sieben Kilometern ab. Pro Einsatz rechnen die Praktiker mit einer Verweildauer von rund zehn Minuten an der Einsatzstelle. Je nach Sensorbestückung sind auch (Such-)Einsätze bei Nacht mit Infrarottechnik möglich.

Auch das Aufspüren von Umweltgefahren ist mit bordeigener Sensortechnik möglich. So könnte bei einem Großbrand die bereits in der Anfangsphase eine Rauchwolke auf Schadstoffe überprüft werden, was die Warnzeit der Bevölkerung verkürzen würde. Im Normalfall startet und landet die Drohne autonom, ein manuelles Fliegen ist über eine redundante Funkverbindung jederzeit möglich., so Wilmsmann.

Kreisbrandmeister Stephan Reckhaus betonte, Drohnen seien bei Feuerwehr bereits erprobte Einsatzmittel. Mit der neuen Technik könnte bereits zwei Minuten nach dem Start ein erstes Lagebild vorliegen.
Bei der praktischen Erprobung machte der böige Wind, der Hubschraubereinsätze bereits unmöglich gemacht hätte, der Drohne zwar Probleme, doch die Landung glückte. In der Praxis wäre die Drohne einfach auf einem definierten Notlandeplatz in der Nähe gelandet, und der Quadrokopter wäre von Hand wieder in die Startbox gepackt worden.

Bericht: VdF Ralph Meyer