Grundstückspoker bremst Leitstellen-Neubau. Weil Eigentümer zwei Flächen an der Barkhauser Straße in Paderborn nicht abgeben wollen, ist kurzfristig eine Sondersitzung des Kreistags nötig. Der Streit landet zudem vor Gericht.
Kreis Paderborn. Eine Premiere in Paderborn droht derzeit, den Bau der Kreisfeuerwehrzentrale samt Rettungsdienstleitstelle zu verzögern. Wegen des ungewöhnlichen Vorgangs muss am Donnerstag, 30. Oktober, kurz vor Ablauf seiner Wahlperiode sogar der Kreistag noch einmal für einen Beschluss zusammenkommen. Der Grund: Für den politisch allseits gewünschten Neubau des Kreises ist die Stadt Paderborn noch nicht im Besitz des nötigen Geländes an der Barkhauser Straße.
Nach NW-Informationen fehlen zur Komplettierung des nötigen Baugrunds von rund 35.000 Quadratmetern noch zwei Puzzleteile des Grundstücks. Im zwischen Kreis und Stadt abgestimmten Verfahren ist vorgesehen, dass die Stadt die ihr fehlenden Flächen kauft, damit das Projekt Baureife erlangen kann. Der Kreis will der Stadt dann die von ihm benötigten Flächen abkaufen. Errichtet werden soll für geschätzte 35 Millionen Euro zunächst die Kreisfeuerwehrzentrale samt Leitstelle und Verwaltung durch den Kreis sowie in Phase zwei dann später ein gemeinsames Aus- und Fortbildungszentrum für Stadt und Kreis.
Wie in solchen Fällen üblich, wurde durch die Stadt ein neutraler und unpolitischer Umlegungsausschuss eingesetzt, um die Interessen der Stadt als Grundstückskäuferin sowie der verkaufenden Grundstücksbesitzer unparteiisch zusammenzuführen. Nach NW-Informationen haben nun Besitzer zweier Grundstücke den Beschluss dieses Ausschusses gerichtlich angefochten. Laut Kreisverwaltung soll die Sache in der ersten Novemberhälfte mündlich vor Gericht verhandelt werden.
Paderborns Technische Beigeordnete Claudia Warnecke sagt auf Anfrage der „Neuen Westfälischen“ (NW) dass erstmals das Ergebnis eines Paderborner Umlegungsausschusses vor Gericht geht. Diese Verzögerung macht nun sogar den letzten Aufgalopp des zum 31. Oktober scheidenden Kreistags nötig. Zunächst um 17.30 Uhr im Kreis- und Finanzausschuss und um 18 Uhr im Kreistag ist die aktuelle Sachlage am 30. Oktober einziger Tagesordnungspunkt der Agenda. Ziel des Abends: Ein neuer Beschluss soll verhindern, dass Fristen auslaufen und das Verfahren verzögert würde. Daher haben CDU, Grüne, SPD und FDP im Kreistag einen gemeinsamen Antrag formuliert, der bekräftigt, am Standort Barkhauser Straße festzuhalten.
Zeitdruck ist ins Verfahren gekommen, weil durch die bauliche Dringlichkeit der neuen Katastrophenschutz- und Feuerwehrzentrale der Kreis bereits die Ausschreibung für Leitstelle plus Nebengebäude und Anlagen vorbereitet und einen sogenannten Teilnahmewettbewerb – zur Vorauswahl von Unternehmen – eingeleitet hat. Dieses Verfahren, so heißt es aus der Politik, lasse sich zwar noch bis Ende November aufschieben, müsse aber dann unter Angabe des Grundstücks fortgesetzt werden. Heißt: Die verbindliche Festlegung auf den Standort ist aus vergaberechtlichen Gründen bis zu diesem Zeitpunkt unabdingbar. Mit seinem Beschluss will der Kreistag nun genau diese verbindliche Festlegung treffen – auch ohne, dass die Stadt schon in Besitz des kompletten Grundstücks ist. Der Kreis weist zusätzlich darauf hin, dass das Vergabeverfahren jedoch komplett aufgehoben werden müsste, wenn bis Anfang April kein Grundstück zur Verfügung stehe.
In der Stadtverwaltung herrscht unterdessen Zuversicht, dass die Anfechtung des Umlegungsausschusses nicht zum Erfolg der Kläger führt. Die Resultate des Umlegungsausschusses hält die Beigeordnete Warnecke für „fair“. Zur Erklärung: Für jedes Grundstück, das den Besitzer wechseln soll, werde vom Ausschuss ein individueller Vorschlag unterbreitet. Dieser richte sich nach der Qualität des Areals und könne in einen Flächentausch oder eine finanzielle Entschädigung münden.
Warnecke legt zudem Wert auf die Feststellung, dass der Kreis im Grundstücksverfahren „die Rahmenbedingungen kannte“. Sie sagt: „Die Kreisverwaltung wusste, dass wir nicht im kompletten Besitz aller Flächen waren. Das haben wir transparent kommuniziert.“ Der Kreis ist von der aktuellen Verzögerung aber offenbar überrascht worden. Er teilt auf Anfrage der NW mit: „Das Umlegungsverfahren war uns bekannt. Wir haben die in Aussicht gestellte Verfügbarkeit (spätestens Mitte 2025) für die Einleitung des Teilnahmewettbewerbs zugrunde gelegt.“ Das Ziel aller Beteiligten, das machen Gespräche deutlich, ist aber nach wie vor, auch im Sinne der Leitstellenmitarbeiter schnellstmöglich zu einer Lösung zu kommen.
Ob das Gericht nun den Gordischen Knoten durchschlagen kann, wird sich zeigen. Klar ist derweil, Stadt und Kreis Paderborn verfolgen mit den Neubauprojekten weiter die gleichen Ziele.
Bericht: NW, Jens Reddeker