Die Notfallseelsorger funken SOS. Neuer Kursus soll Nachwuchs fit machen für 24-Stunden-Einsatzbereitschaft.
Paderborn (ka). Am Morgen, beim Abschied vom Partner vor der Fahrt ins Büro scheint noch die Sonne. Wenige Minuten später verändert ein Verkehrsunfall das ganze Leben.
Notfallseelsorger sind dann zumeist die ersten, die Hinterbliebenen zuhören, Trost spenden, einfach da sind, wenn Menschen nach Schicksalsschlägen trauern.Peter Scheiwe (links) und Stefan Westhoff leiten die Notfallseelsorge in Paderborn und suchen weitere ehrenamtliche Mitarbeiter. Manchmal hilft ein Kuschelbär, um Tränen zu trocknen.
Doch jetzt hat die Notfallseelsorge Nachwuchsprobleme. »Es gibt Szenarien, da bis du als Einzelner überfordert«, weiß Peter Scheiwe, Pfarrer aus Schloß Neuhaus, aus 15-jähriger Erfahrung. Wie beim Karfreitagsunfall am Südring vor drei Jahren, als alle 18 Notfallseelsorger alarmiert worden waren. »Wir brauchen mindestens 40 Ehrenamtliche, um wirklich 24 Stunden einsatzbereit zu sein«, hofft auch Stefan Westhoff auf neue Mitstreiter. Der Studienrat an der Gesamtschule Elsen und Pfarrer Scheiwe leiten die Notfallseelsorge in Paderborn, und gemeinsam bieten sie jetzt für Interessenten einen eigenen Ausbildungskursus an, um ehrenamtliche Kräfte auf die Arbeit als Notfallseelsorger vorzubereiten.
Seit 1998 besteht die Arbeitsgemeinschaft Notfallseelsorge in Paderborn, eine ökumenische Gruppe, bestehend aus zwölf Frauen und sechs Männern aus ganz unterschiedlichen Berufen. Es sind wechselnde Einsatzszenarien, aber immer geht es um schwere Unfälle, um Leid und Tod. Wenn ein Kind plötzlich stirbt, ein Angehöriger freiwillig aus dem Leben scheidet oder bei einem Unfall oder Großbrand Familien auseinandergerissen werden, stehen die Notfallseelsorger innerhalb von 15 Minuten bereit, um inmitten der Hektik von Feuerwehr- und Polizeieinsätzen Angehörigen, aber auch Opfern, Halt zu geben.
Im vergangenen Jahr gab es knapp 50 Einsätze in der Stadt Paderborn für die Helfer in den roten Jacken. Für die Anschaffung der landesweit jetzt eigentlich vorgeschriebenen violetten Sonderbekleidung fehlt das Geld. »4500 Euro allein für die Jacken, da sind wir weiter auf Spenden angewiesen«, betont Peter Scheiwe. Vor allem sei es wichtig, jetzt weitere Mitbürger zu motivieren, sich einzubringen. Eine Kooperation mit den beiden Kirchen und der Stadt soll finanzielle und versicherungsrechtliche Fragen klären.
Die Notfallseelsorgeausbildung beginnt am 5. Juni um 19.30 Uhr mit einem Infoabend im Roncallihaus in Schloß Neuhaus. Der Kursus selbst mit theoretischen und praktischen Teilen (unter anderem 24-Stunden-Praktikum bei der Feuerwehr) dauert vom 28. August bis zum 4. Dezember. Eine theologische Vorbildung oder gar die Mitgliedschaft in einer Kirche ist nicht zwingend erforderlich.
Bericht: Westfälisches Volksblatt. Foto: Rüdiger Kache
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Neue Westfälische
Wenn die Welt zusammenbricht. Paderborner Notfallseelsorger werben um Verstärkung.
VON HANS-HERMANN IGGES;
Paderborn. Sie kommen, wenn der Notarzt wieder fährt. Sie treffen auf weinende Eltern, traumatisierte Kinder - und nicht selten auch auf schockierte Feuerwehrleute, Helfer, Augenzeugen. Sie fragen nicht nach Lohn. Aber: Ein paar mehr würden sie schon gerne sein, damit ihre Arbeit für sie nicht ganz so belastend ausfällt. Die Notfallseelsorger der Stadt Paderborn werben derzeit gezielt um freiwillige Verstärkung.
Ob Suizidversuch, plötzlicher Kindstod oder tödlicher Verkehrsunfall: "Wir kommen, wenn Menschen den Boden unter den Füßen verlieren", sagt Peter Scheiwe. Der katholische Pfarrer von St. Heinrich und Kunigunde in Schloß Neuhaus ist nicht nur passionierter Feuerwehrmann, sondern auch schon seit 15 Jahren Notfallseelsorger. Als solcher hat er einiges erlebt - zum Beispiel den grauenhaften "Karfreitagsunfall" mit vier Toten, als vor drei Jahren ein vollbesetztes Taxi und ein Feuerwehrwagen im Einsatz auf einer Kreuzung am Südring in voller Fahrt kollidierten. Scheiwe sagt: "Es gibt Fälle, da bist du als einzelner glatt überfordert."
Deshalb streben die Paderborner Notfallseelsorger um den Pfarrer Peter Scheiwe und den Studienrat Stefan Westhoff, der an der Elsener Gesamtschule Englisch und Geschichte unterrichtet, eine Verdoppelung ihrer 12 Frauen und sechs Männer starken Gruppe an. Westhoff: "Dann wäre nicht immer nur einer alleine in Bereitschaft, sondern zwei.
" Scheiwe: "Das wäre nicht zuletzt deswegen wichtig, weil sich die Fälle ja nicht planen lassen. Manchmal passiert ein paar Wochen lang nichts - und dann gibt es kurz hintereinander gleich mehrere Einsätze. Das fällt dann richtig schwer."
Schließlich hat die ehrenamtliche Tätigkeit eines Notfallseelsorgers viel mit der Fähigkeit zur Empathie zu tun: Dem Vermögen, sich einzustellen auf die Gefühlslage und Bedürfnisse von Hinterbliebenen. Geschehnisse, die auch Notfallseelsorger danach nicht so einfach abschütteln. In regelmäßigen Gruppentreffen berichten sie einander von ihren Einsätzen. Peter Scheiwe: "Wenn nötig, dann ist danach auch eine Supervision möglich, um das Geschehene besser zu verarbeiten."; Besonders wichtig ist deshalb die Vorbereitung der Ehrenamtlichen. Vier Monate dauert der Kurs, der in Kürze angeboten wird. Gelehrt werden Theorie und Praxis. Die Inhalte basieren auf einer Vereinbarung der fünf katholischen Bistümer und der zwei evangelischen Landeskirchen in NRW. Scheiwe: "Eine theologische Vorbildung muss aber niemand haben. Und wir möchten auch Konfessionslose herzlich dazu einladen."
Der Ausbildungskurs für Notfallseelsorger beginnt am 28. August. Ein Infoabend findet am 5. Juni, 19.30 Uhr, im Roncalli-Haus in Schloß Neuhaus, Neuhäuser Kirchstr. 3, statt. Notfallseelsorger werden von der Feuerwehr-Leitstelle alarmiert und kamen im letzten Jahr in Paderborn 50 Mal zum Einsatz. In besonders schlimmen Fällen wird nicht nur der Bereitschafts-Seelsorger alarmiert. Beim "Karfreitagsunfall" waren insgesamt 15 Notfallseelsorger im Einsatz. Sie sind nicht nur bei Unfällen, sondern immer, wenn jemand überraschend stirbt, gefragt. Die ökumenische Gruppe besteht seit 1998.
Bildunterschrift: Aufs Schlimmste vorbereitet:Peter Scheiwe (l.) und Stefan Westhoff leiten das Team der Paderborner Notfallseelsorger. Wenn Kinder zu den Opfern gehören, dann spenden sie Trost per gesponsortem Teddybär. Die gelbe Weste von Peter Scheiwe ist allerdings eigentlich nicht mehr zeitgemäß. Alle Notfallseelsorger in NRW sollten nämlich violette Kleidung tragen - doch dafür gibt es in Paderborn keinen Etat.