Großübung in Hövelhof: 113 Feuerwehrleute im Einsatz. Neue ABC-Schutzkonzepte auf Herz und Nieren überprüft. Zahlreiche Feuerwehrautos und 113 Feuerwehrleute aus dem gesamten Kreis Paderborn waren am Samstag in Hövelhof im Einsatz.
Hövelhof. Zusätzlich wurden Anwohner über KatWarn und Nina gebeten, Fenster zu schließen. Glücklicherweise handelte es sich dabei um eine großangelegte und lang geplante Übung. Dies verrieten natürlich auch die Warn-Apps.
Beißender, weißer Nebel steigt aus einem Kunststoff-Container auf und eine unbekannte Flüssigkeit tropft aus dem 1000-Liter fassenden IBC-Container. Unter dem Lkw bildet sich eine grünliche Flüssigkeitslache. Außerdem ist eine Palette mit verschiedenen Chemikalien von der Ladefläche eines Lkw gestürzt und die Gebinde haben sich auf dem Boden verteilt. Es riecht nach Chemikalien. Schnell ist klar, was passiert ist: Am Samstagvormittag (5. August) verlor ein Gabelstaplerfahrer das Bewusstsein und ein Zinken des Gabelstaplers bohrte sich in die Gefahrgut-Ladung. Eine zweite Palette stürzte von der Ladefläche.
Die übrige Ladung wurde verschoben und eine weitere Person verlor durch den Anstoß das Gleichgewicht und stürzte von der Ladefläche. Ein dritter Mitarbeiter setzt einen Notruf ab, klagt aber über Atemprobleme und brennende Augen. Durch chemische Reaktion kommt es zu einer Rauchentwicklung und eine enorme Geruchsbelästigung, die von Anwohnern ebenfalls der Leitstelle gemeldet wurde. Hövelhofer Feuerwehrleute bringen unter entsprechender Schutzkleidung und umluftunabhängigem Atemschutz die verletzten Personen aus dem Gefahrenbereich.
Da die Gefährlichkeit der ausgetretenen Chemikalien nicht sofort geklärt werden konnte, wurden Fachkräfte des ABC-Zuges aus den Bereichen Gefahrenabwehr, Dekontamination, Messen und Erkunden sowie Warnen aus dem gesamten Kreisgebiet alarmiert. Zusätzlich wurden Anwohner über KatWarn und Nina gebeten, Fenster zu schließen. Die Einsatzleitung hatte Maximilian Rempe von der Hövelhofer Feuerwehr inne. Um sich einen ersten Überblick über die Einsatzstelle zu machen, wurde eine Drohne in Marsch gesetzt, die Luftaufnahmen fertigte.
Großangelegte Übung. Die Warn-Apps verrieten auch, dass es sich glücklicherweise nicht um einen realen Einsatz handelte, sondern um eine groß angelegte Übung. Diese ist über Monate hinweg von einem großen Team unter der Leitung von Matthias Strunz geplant worden. Nach und nach trafen die Fachkräfte nach der Alarmierung auf dem Gelände der Firma Formaplan ein und rüsteten sich aus wie für einen echten Einsatz.
Zum einen gingen drei Trupps auf das Gelände vor, um die Schadstoffbelastung zu messen, diesen näher zu identifizieren und somit die Ausbreitung der Gefahrstoffwolke festzustellen. Mit dieser Grundlage konnte gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst eine Prognose erstellt werden, in welche Richtung die Wolke ziehen wird und welchen Umfang sie annehmen werde. ABC-Erkunden unternahmen in diesem Bereich Messfahrten und Warnfahrzeuge informierten die Bevölkerung in den betroffenen Wohnbereichen. Verschiedene Teams und Aufgaben Parallel rüsteten sich Feuerwehrleute mit Chemikalienschutzanzügen und Atemschutz aus, um die Unglücksstelle näher zu erkunden und das genaue Ausmaß des Unfalls festzustellen. Sie verschlossen den Einlauf in die Kanalisation, sodass die Flüssigkeiten nicht weiter in die Abwasserleitungen eindringen konnten. Außerdem sammelten sie Informationen, die bei der Identifizierung der Stoffe helfen.
Die Schutzanzüge der von der Einsatzstelle zurückkehrenden Feuerwehrleute wurden in einer Dekontaminationsschleuse gründlich gereinigt. Auch die hieran beteiligten Feuerwehrleute waren mit entsprechender Schutzausrüstung versehen. Auch die Messtrupps wurden nach getaner Arbeit dekontaminiert.
Neue Schutzkonzepte üben. „Wir konnten hier zum ersten Mal die neuen Schutzkonzepte für Gefahrenabwehr im Umgang mit gefährlichen Stoffen und den in den letzten Jahren neu in Dienst gestellten Fahrzeugen in großem Stil üben. Das Zusammenspiel der verschiedenen Feuerwehren auf allen Ebenen kann nur durch derartige Großübungen trainiert werden. Die Konzepte haben gegriffen, und ich bin mit dem Ablauf der Übung zufrieden. Sicher gibt es noch ein paar Dinge, die in den nächsten Wochen nachgearbeitet werden müssen. Aber nur durch Übungen können die Abläufe bei so komplexen Einsatzlagen optimiert werden“, unterstrich Einsatzleiter Maximilian Rempe in einem ersten Fazit die Wichtigkeit solcher Großübungen.
„Unser Dank gilt der Firma Formaplan, die uns das Firmengelände für die Übung überlassen hat, auch wenn bei der Übung simulierte Schadstoffe im Produktionsverlauf des holzverarbeitenden Betriebes gar keinen Einsatz finden“, so Übungsleiter Matthias Strunz. Insgesamt waren 113 Feuerwehrleute aus dem gesamten Kreisgebiet in Hövelhof im Einsatz.
Westfälisches Volksblatt von Axel Langer