15. Dezember. Paderborn.
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15. Dezember. Paderborn.

„MANV10“ Großeinsatz für Feuerwehr und Rettungsdienste. Beim 3:0-Heimsieg des SC Paderborn gegen den FC Hansa Rostock kam es am Freitagabend in der Home-Deluxe-Arena zu einem Großeinsatz für Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten. Grund dafür waren mehrere Pyrotechnik-Exzesse der Rostocker Fans, die zudem einen erheblichen Sachschaden im Gästebereich verursachten. So wurden Catering-Stände, Sanitäranlagen und Einlasskontrollen zerstört. Die Polizei setzte Reizgas ein.


Paderborn. Zunächst war von drei Verletzten die Rede. Doch die Bilanz ist weit schlimmer. Laut einer Stellungnahme von SCP und Polizei erlitten acht Ordnungsdienst-Mitarbeiter und zwölf Polizeibeamte Verletzungen. Eine Polizistin musste wegen einer Schnittverletzung in einem Paderborner Krankenhaus behandelt werden.
Kurz vor Ende der Partie kletterte zudem ein Fan der Gäste über den Zaun in Block H (Sitzplatz-Bereich) und verletzte dort einen neutralen Zuschauer schwer am Kopf. Der Mann musste per Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden.


Vor Ort waren am Freitagabend unter anderem 70 Helfer des Deutschen Roten Kreuzes aus Paderborn, Schloß Neuhaus und Delbrück, drei Notärzte, fünf Rettungswagen, fünf Krankentransportwagen und auch mehrere Löschfahrzeuge der Feuerwehr Paderborn sowie der ehrenamtlichen Einheiten aus Elsen und Wewer im Einsatz.
„Ich bin seit 22 Jahren in verantwortlicher Position beim SC Paderborn, aber ich habe so etwas noch nie erlebt. Das war Krieg“, erklärte SCP-Geschäftsführer Martin Hornberger, der den Sachschaden auf weit mehr als 100.000 Euro schätzte. Darin nicht enthalten sind die zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei, die laut Hornberger ebenfalls komplett zerstört worden sind.
Beide Fanlager hatten am Freitagabend in den ersten zwölf Minuten geschwiegen, um mit diesem Stimmungsboykott gegen die Investorenpläne der Deutschen Fußball Liga zu protestieren. „Das ist auch völlig legitim und damit müssen wir leben“, so Hornberger. Was ab der 13. Minute dann aber im Hansa-Block passierte, habe mit Fußball und Fankultur „absolut nichts mehr zu tun“, betonte der SCP-Geschäftführer.
So feuerten Rostocker Fans zunächst zahlreiche Leuchtraketen und andere Silvesterkracher ab. Schiedsrichter Wolfgang Haslberger unterbrach die Partie daraufhin für gut zehn Minuten. Nach 56 Minuten folgten dann weitere Pyrotechnik-Exzesse der Gäste-Anhänger. Diesmal folgte eine fast 20-minütige Zwangspause. Die größten Zerstörungen geschahen dann auch während dieser zweiten Unterbrechung.


Laut SCP und Polizei hatten zeitweise rund 150 gewaltbereite Hansa-Fans den Stehplatzbereich verlassen und sich vor dem Gäste-Ausgang versammelt. Ordnungsdienst und Polizei zogen daraufhin Einsatzkräfte vor dem Gastbereich zusammen. Die Rostock-Anhänger bewarfen die Einsatzkräfte mit diversen Gegenständen, so dass es zu den bereits erwähnten Verletzungen kam.
Die Partie stand auf der Kippe. Die Polizei beriet sich mit dem Schiedsrichtergespann und der Veranstaltungsleitung. Bei einer weiteren Unterbrechung wäre das Spiel abgebrochen worden. „Es war knapp“, sagte Hornberger und fügte an: „Diese Gewaltexzesse sind nicht zu akzeptieren.“ Der SCP werde dem FC Hansa die entstandenen Schäden in Rechnung stellen.


Für Polizei und Feuerwehr galt die Begegnung als ein Hochrisikospiel, deshalb standen mehrere Löschfahrzeuge in Bereitschaft. Das Neuhäuser DRK sorgte mit rund 20 Helfern für die sanitätsdienstliche Absicherung. „Mit hoher krimineller Energie haben wenige Gästefans Grenzen überschritten, Verletzungen unbeteiligter Stadion-Besucher sowie massive Sachbeschädigungen und ein Spielabbruch in Kauf genommen“, heißt es in der Stellungnahme von Polizei und SCP. Die Ermittlungen zu den Tatverdächtigen laufen.


Durch die wiederholten pyrotechnischen Einlagen der Gäste spitzte sich die Sicherheitslage schnell zu, und die Verantwortlichen rechneten mit bis zu 25 verletzten und Betroffenen und Verletzten durch Rauch und Reizgas. Deshalb löste die Leitstelle des Kreises um 20.08 Uhr mit dem Alarmstichwort „MANV10“ einen Großeinsatz für Feuerwehr und Rettungsdienste aus.
Neben der Feuerwehr Paderborn rückten rund 50 weiteren Kräfte des DRK aus Delbrück, der DRK-Einsatz-Einheit 02 aus Paderborn sowie überörtliche Kräfte aus Bad Driburg Richtung Stadion aus. Julia Lehmler, Leitende Notärztin aus Paderborn, leitete den medizinischen Teil, die Einsatzleitung der Feuerwehr lag in Händen von Johannes Mollemeier und Florian Brandt.
DRK-Kräfte bauten auf dem Schotterparkplatz vor dem Stadion vorsichtshalber ein Schnelleinsatzzelt zur Eingangssichtung der Verletzten auf.

Doch die erwarteten Augenverletzungen blieben immerhin aus. Offenbar hatten viele Betroffene bereits die Sanitärräume aufgesucht, um dort die gereizten Augen mit Wasser zu spülen.
Für die Feuerwehr war es eine willkommene Probe, denn im kommenden Jahr bei der Fußball-Euromeisterschaft wird die Paderborner Feuerwehr mit einem mobilen Behandlungsplatz 50 und rund 150 Einsatzkräften in Dortmund für Schutz und Sicherheit der Fans sorgen, kündigte Johannes Mollemeier an.
Während des laufenden Großeinsatzes am Stadion wurde die Feuerwehr Paderborn 20.28 Uhr zu einem Zimmerbrand in einem Mehrfamilienhaus auf dem Kaukenberg alarmiert. Um das angebrannte Essen auf dem Herd kümmerten sich berufliche Kräfte der Wachen Nord und Süd sowie die Ehrenamtlichen der Einheiten Stadtmitte und Benhausen.

Bericht: VdF Ralph Meyer, NW Frank Beineke